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Geburtstag der Senckenberg-Stiftung: Herr PD Dr. Wicht in Samtrock und Lockenperücke

Gestern wurde im Westend das 250-jährige Jubiläum der Senckenberg-Stiftung feierlich begangen.
Der Frankfurter Arzt und Visionär Johann Christian Senckenberg (1707-1772) hatte 1763 die „Dr. Senckenbergische Stiftung“ ins Leben gerufen. Dem ursprünglichen Stifterwillen zufolge wurde aus ihren Mitteln zunächst das Bürgerhospital und ein Medizinisches Institut finanziert. Der langjährige Stadtarzt hatte sehr persönliche Gründe für die Einrichtung dieser Stiftung:
Senckenberg war insgesamt dreimal verheiratet, alle seine Frauen und die Kinder starben an Tuberkulose, im Kindbett und durch andere Krankheiten lange vor ihm. Von seinen beiden ersten Ehefrauen erbte er ein beträchtliches Vermögen. Der hoch angesehene Arzt behandelte viele Prominente und sorgte sich gleichzeitig als Stadtarzt auch um das Gros der Bevölkerung, das sich ärztliche Behandlung kaum leisten konnte.
„Es war wohl vor al­lem der ka­tastro­pha­le Zu­stand des Ge­sund­heits­we­sens in Frank­furt in der Mit­te des 18. Jahr­hun­derts“, so ver­mu­tet der Arzt und Vor­sit­zen­de der Dr. Sen­cken­ber­gi­schen Stif­tung Dr. Kos­ta Scho­pow, „der den Frank­fur­ter Stadt­arzt Jo­hann Chris­ti­an Sen­cken­berg da­zu brach­te, sein ge­sam­tes Ver­mö­gen in den Auf­bau ei­ner Stif­tung zu ste­cken, die bis heu­te von be­son­de­rer Be­deu­tung für die Stadt Frank­furt und das Rhein-Main-Ge­biet ist.“

Herr Dr. Wicht in Samt und Locken
Weil die Hauptperson, Johann Christian Senckenberg, leider schon verstorben ist, sprang zur Feier des Tages unser wortgewaltiger Anatomie-Dozent Herr Dr. Helmut Wicht als Double ein. Der grüne Samtrock und die gepflegte weiße Perücke mit den adrett gedrehten Seitenlocken stehen ihm ganz wunderbar (in der Rundschau ist ein schönes Photo davon).
Der Beitrag in der Frankfurter Rundschau bringt ein launiges Interview mit Wicht-Senckenberg, der Rest des Beitrags ist allerdings etwas dürftig. Das Programm hatte neben den lebenden Wanzen und Mücken und den prachtvollen Meteoriten noch mehr zu bieten: Eine Vorstellung des Bürgerhospitals, die Transkription von Senckenbergs Tagebüchern, eine Eyetracker-Vorführung von Frau Dr. Klauer aus dem Anatomischen Institut und noch viel mehr – spannende Gespräche und exklusive Informationen.

Übrigens: Viele Ideen Senckenbergs sind erstaunlich aktuell: „Die Aerz­te“, so for­der­te er, „müs­sen im ei­ge­nen In­ter­es­se ih­re Kran­ken durch ei­ne zweck­mä­ß­i­ge Diät wie­der her­s­tel­len, nicht aber an ih­nen die Apo­the­ker reich ma­chen“.
Es lohnt sich, mal einen Blick in die Tagebücher zu werfen.

Das Festprogramm präsentierte Programmpunkte und Projekte aus den Senckenberg-Institutionen und Redebeiträge, die Herr Dr. Wicht – pardon, Herr Dr. Senckenberg – gewohnt launig moderierte. Ihm zur Seite stand seine Gattin, ebenfalls zeitgemäß gewandet.
Die Veranstaltung wurde ausgerichtet von der Dr. Senckenbergischen Stiftung, dazu beteiligten sich die mittlerweile 11 Institutionen:
Das Bürgerhospital, die Senckenbergische Bibliothek, das Botanik – Senckenberg Forschungsinstitut und Institut für Ökologie, Evolution und Biodiversität, der Botanische Garten, die Dr. Senckenbergische Anatomie, das Dr. Senckenbergische Chronomedizinische Institut, das Dr. Senckenbergische Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, das Dr. Senckenbergische Institut für Neuroonkologie, das Dr. Senckenbergische Institut für Pathologie, die Senckenbergische Gesellschaft für Naturforschung, der Physikalische Verein und die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg (Senckenbergische Stiftung: Die Institute).
Die von Senckenberg begründeten wissenschaftlichen Institute sind übrigens älter als die Stiftungsuniversität Frankfurt, die erst 1914 ihre Pforten öffnete.
Alles in allem eine nette Veranstaltung.

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