Seit Giulia Enders Super-Science-Slam-Auftritt „Darm mit Charme“ ist die Erforschung des Darms und seines Mikro-Zoos für die puls.-Redaktion ein steter Quell der Begeisterung und Neugier. Der Darm hat eben Charme“, wie Giulia treffend formuliert hatte.
Lesen Sie dazu auch das “Interview mit Giulia Enders” und gucken Sie ihren preisgekrönten Science-Slam-Beitrag “Darm mit Charme”.
Mikrobiom – Boom
Die Mikrobiomforschung ist eine boomende Wissenschaft: „Die Mikrobiomforschung hat sich im Tempo eines wissenschaftlichen Senkrechtstarters etabliert. Die neue Forschungsrichtung lässt bislang ungeahnte Zusammenhänge in der Steuerung des menschlichen Körpers erkennen.“ schreibt Hermann Feldmeier in seinem Beitrag „Lebenswichtiges Getümmel im Darm“ in der Pharmazeutischen Zeitung.
Der 2008 verstorbenen US-Molekularbiologe Joshua Lederberg hatte in Anlehnung an das Humangenomprojekt für die Gesamtheit der im Menschen lebenden Mikroorganismen den Begriff „Mikrobiom“ eingeführt: Das Mikrobiom umfasst die Gesamtheit der nicht-pathogenen Bakterien, die als Endosymbionten im menschlichen Körper leben, ihre Genome und ihre Interaktionen mit ihrer spezifischen Umwelt.
Dazu gehören die Bakterien des Darms inkl. Mund und Rachen, der Nase, der Haut und des Urogenitaltraktes. Lederberg hatte postuliert, dass das Mikrobiom wegen seines starken Einflusses auf die menschliche Physiologie ein Teil unseres Genoms ist.
Der Imagewechsel der Darmbakterien: Ökologie statt Infektiologie
Paradigmenwechsel in der Betrachtung des menschlichen Darms: Bisher wurden der Darm und seine Bakterien eher aus Sicht der Infektiologie als Kampfplatz betrachtet, jetzt kommt eine neue Blickrichtung aus Sicht der Ökologie.
Dr. Elizabeth Costello von der Abteilung für Mikrobiologie und Immunologie der Stanford University schlägt vor, die ökologischen Methoden zur Erforschung und zum Management von Makro-Ökosystemen (wie z. B. Nationalparks, Wäldern, Landschaften in ihrer ökologischen Gesamtheit) auch auf die Betrachtung des Mikro-Ökosystems „Darm“ anzuwenden. Ein solches mikro-ökologisches „Darm-Management“ könnte etwa über eine Diät mit probiotischen Lebensmitteln den besonders nützlichen Darmbakterien bessere Vermehrungsmöglichkeiten als schädlichen Konkurrenten bieten.
Dazu gehört auch die Entwicklung der fäkalen Mikrobiotatransplantation („Stuhltransplantation“) als Therapie, die bei komplizierten Clostridiumdifficile-Infektionen und pseudomembranösen Enterokolitiden schon zu vielversprechende Therapieergebnisse geführt hat.
Der Darm bleibt auf jeden Fall ein spannendes Thema!
Joshua Lederberg
Der Nachruf „Joshua Lederberg, 82, a Nobel Winner, Dies“ in der New York Times vom 5 Februar 2008 gibt einen kurzen Überblick über die bahnbrechende Forschung des genialen Molekularbiologen Joshua Lederberg. Sehr lesenswert!
Bettina Wurche