Wie läuft der ISCOMS – International Student Congress of (bio) Medical Sciences – ab?
Und welche Arten von Veranstaltungen gibt es?
Die einfachste Form der Kongressteilnahme ist das Zuhören.
Die Keynote lectures geben tiefe Einblicke in aktuelle Forschungsgebiete, einige der Redner sind Nobelpreisträger.
Durch die zahlreichen Präsentationen der Nachwuchswissenschaftler bekommt man einen Einblick in sehr unterschiedliche Themengebiete. Und den Eindruck, dass man nie „zu jung“ zum Forschen ist. Dann gibt es noch das Mitmachen in den interaktiven Workshops.
Das Präsentieren eigener Ergebnisse läuft als Vortrag oder als Posterpräsentation ab.
Diskutieren ist immer erwünscht – ob bei den Präsentationen, in der berühmten Groninger Debatte oder einfach mal zwischendurch.
Präsentationen:
Poster-Präsentation: Man geht in Gruppen zu den Postern, die nach Kategorien geordnet sind, stellt sie kurz vor (ca. 5 Minuten) und bespricht sie dann.
Orally (Kurzvorstellung): Da kann man auch mal etwas aus der laufenden Arbeit vorstellen und so Lösungsvorschläge und Feedback einholen
Plenary (Ausführliche Vorstellung im Plenum, ca 30 Minuten Zeit): Da sollte man eine schon fertige Arbeit vorstellen.
Studierende können ihre Arbeit zur mündlichen Präsentation oder als Poster anmelden und dann so versuchen, Kontakte zu bekommen oder eine passende Arbeitsgruppe für die weitere Arbeit, z. B. einen PhD, zu finden.
“Die Diskussion ist total offen und sehr hilfreich: Alle diskutieren mit: Studierende und Professoren – alle fragen durcheinander. Das Mikrophon wandert durch den Hörsaal und steht nahezu nie still!“ erzählt Yasmin El-Nahry.
“Durch die Vorstellung der Arbeiten und Fragestellungen bekommt man einen Überblick, woran und wie in den verschiedenen Ländern gerade geforscht wird und was dort wichtige Themen sind.
So ist etwa in Pakistan und Indien die Tuberkulose noch ein wichtiges Thema. In Deutschland wird daran kaum gearbeitet.
Außerdem kann man für eine besonders gute Arbeit einen Preis bekommen: Es gibt ganz viele unterschiedliche Preise für verschiedene Formen der Präsentation. Außerdem bekommt man für den Preis ein Zertifikat – eine tolle Anerkennung und bestimmt bei späteren Bewerbungen von Vorteil.
Durch das konstruktive Feedback und die offenen Diskussionen bekommt man dort unheimlich viel zurück, sehr viel Anerkennung – das fehlt in unserem Studium ja sonst ein bisschen.“
Pre-Courses:
“Die Workshops sind sehr intensiv, interaktiv und praxisorientiert. Sie kosten 15,00 € pro Kurs.
Ich habe an einem Anästhesie-Workshop teilgenommen: Ein Oldenburger Anästhesist hat uns seine Arbeit im OP vorgestellt und wir konnten dann Schritt-für-Schritt verstehen, wie er seine Arbeit macht. In kleinen Gruppen haben wir das Ganze beim Betreten des fiktiven “operation rooms” nachgestellt und durften den Patienten selbst versorgen. In einem anderen Kurs, betitelt mit “how to perform tracheal intubation?”, wurde das Intubieren geübt. Hoch und runter, bis man sich sicher fühlte – zumindest am Modell. In kleinen Gruppen kann man dort an einem Tag eine Menge lernen!
Ich habe dort offenbar sehr viel gelernt, denn als ich wenig später in meiner Famulatur Anästhesie- Tätigkeiten aufgetragen bekam, wurde ich an der Charité für meinen guten Wissensstand gelobt. Da waren noch eine ganze Menge anderer Workshops, die mich sehr interessiert hätten, wie etwa Laparoskopie, Nahtkurse oder das “Speed dating with researchers”.
Insgesamt kann man zwei Workshops belegen, entweder zwei verschiedene Themen oder zum gleichen Thema zwei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade.“
„Critical Reading“:
“Ich war auch in einem „Critical Reading“- precourse:
Wir haben vorab zwei klinische Studien zugeschickt bekommen und sollten uns vor Kongressbeginn schon einmal einlesen.
Im Kurs war unsere Aufgabe dann in Gruppenarbeit die verwendeten Methoden und Ergebnisse zu beurteilen.
Dazu wurden wir 20 Teilnehmer in 5-er Gruppen eingeteilt. Unsere Ergebnisse wurden dann gemeinsam mit dem Professor, der den Kurs leitete, besprochen.
Er hat uns dann die schwachen und starken Punkte in den Studien erklärt. Das hilft uns natürlich, zukünftig Studien selbst beurteilen zu können.“
Groninger Debatte:
“Die Groninger Debatte ist schon ein fest stehender Begriff- nennen wir es eine Legende!
Zunächst wird eine Hypothese aufgestellt – gern ein provokantes Thema. Dann wird eine Meinungsumfrage unter den Teilnehmern durchgeführt.
Nun diskutieren zwei Dozenten die Hypothese konträr, es folgt eine hitzige Debatte unter den Teilnehmerinnen.
Danach wird erneut ein Meinungsbild aufgestellt.
Das Oberthema war dieses Jahr: Healthy Ageing Debate.
Ich habe an der Debatte ‘Medical treatment of the elderly should not focus on life extension’ /Governments should use bans for healthy lifestyle’ teilgenommen.
Da ging es etwa darum, ob Menschen, die sich durch ihre Lebensweise selbst Schaden zugefügt haben, anders behandelt werden sollten. Oder ob für ältere Menschen der gleiche Aufwand wie für jüngere Menschen betrieben werden sollte.
Die Meinungen dazu gingen total auseinander:
Bei den europäischen Studierenden kam schon an manchen Stellen diese wirtschaftliche Denkweise durch, Menschen unterschiedlich zu behandeln, abhängig von der Vorgeschichte und den Umständen.
Ich bin total für eine Gleichbehandlung aller Patienten, man sollte als Arzt niemanden verurteilen.
Bei der Diskussion saß ich mitten unter ganz vielen Malaysiern, die waren auch total dafür, alle Menschen gleich zu behandeln und niemanden zu verurteilen. Die waren sehr viel stärker am Dienst an den Menschen orientiert, als an wirtschaftlichen Erwägungen, dabei ist das Geld für die Gesundheitsversorgung in diesen Ländern wirklich sehr knapp.
Aber die sind unheimlich engagiert. In den ärmeren Ländern ist es völlig üblich, dass Ärztinnen und Ärzte abends länger bleiben, um dann noch Menschen zu behandeln, die eine Behandlung nicht bezahlen können. Das hat mich beeindruckt!
Ich finde es sehr wichtig, sich zu schwierigen ethischen Fragen seine eigene Meinung zu bilden und zwar bevor man in diesem Beruf arbeitet!
Unter den Studenten wird in meinem Umfeld über so etwas nur sehr selten gesprochen und nach dem Studium wird man dann auf einmal damit konfrontiert. Man muss meiner Meinung nach schon als junger Mensch lernen, sich korrekt zu schwierigen Fragestellungen positionieren zu können.“
puls. dankt Frau El-Nahry für das sehr engagierte und spannende Gespräch!
Wollen Sie mehr über den Kongress erfahren?
Yasmin El-Nahry (yasmin_elnahry(at)hotmail.com) ist die ISCOMS-Botschafterin für die Goethe-Universität und damit die ideale Ansprechpartnerin.