Nepal ist eines der ärmsten Länder der Erde. Es liegt im Himalaya zwischen den bevölkerungsreichen Staaten Indien und China. Bis in die 60-er Jahre war Nepal fast vollständig geschlossen, Besucher durften das geheimnisvolle Land im Himalaya bis dahin nur mit einer Ausnahmegenehmigung bereisen.
Die Frankfurter Medizinstudentin Nina Kröher hat 2009 ihre Famulatur in Nepal verbracht. Sie erzählt in „PULS.“ exklusiv von ihren spannenden Erlebnissen in dem exotischen Land und gibt wertvolle Tipps für interessierte Studierende.
Bericht von Nina Kröher:
Teil 2: In Kathmandu und Dolakha
Ankunft in Kathmandu
Das Hauptkrankenhaus von Nepalmed e. V liegt in der Hauptstadt Kathmandu. Wir sind über Kathmandu eingereist und dort ersteinmal eine Woche geblieben. Diese Zeit brauchten wir für Anmeldung, Eingewöhnung und Akklimatisierung an die Höhe.
Unsere Unterkunft war sehr nett, die Pensionsbesitzerin hat uns viele wichtige Informationen für Ausflüge gegeben und war immer hilfsbereit. Natürlich haben wir uns zu zweit das Zimmer und auch das Bett geteilt. In Nepal leben die Menschen auf weniger Raum als bei uns. Glücklicherweise waren wir zu zweit angereist und kannten uns auch schon vorher.
Wir waren natürlich nicht nur im Touristen-Viertel unterwegs, sondern haben auch andere Stadtviertel erkundet und in Restaurants gegessen, in denen normalerweise nur Einheimische essen gehen. Auf diesem Wege haben wir uns gleich zu Anfang der Reise die Amöbenruhr zugezogen und waren über unsere gut ausgestattete Reise-Apotheke sehr glücklich. Danach war unser Immunsystem so abgehärtet, dass wir keine weiteren Probleme mit Durchfallerkrankungen mehr hatten.
Die Nepali sind sehr freundliche Menschen. Leider sind sie auch, nach unseren Begriffen, distanzlos. Menschen mit weißer Haut, blonden Haaren und blauen Augen ziehen immer sehr viele Nepali an, Daran mussten wir uns erst gewöhnen.
Ungefähr 80 % der Nepali sind Hindus, sie haben ein ähnliches Kastensystem wie in Indien. Dann gibt es noch viele Buddhisten und wenige Moslems und Christen.
Die Ärzte waren, sofern sie Hindus waren, Angehörige höherer Kasten. Die Ärzte und Schwestern des Krankenhauses haben aber natürlich ohne Ansehen der Kaste alle Menschen behandelt.
Ausländer sind kastenlos. Da Ausländer automatisch als reich gelten, werden sie aber trotzdem immer zuvorkommend behandelt. Im medizinischen Bereich wurden wir außerdem respektiert, weil viele Nepali dem Aberglauben anhängen, dass Westler automatisch über ein besseres medizinisches Wissen verfügen. Man sollte aber bedenken, dass es für ausländische Frauen außerhalb der Touristenviertel manchmal etwas problematisch werden kann.
In Dolakha
Von Kathmandu aus sind wir dann mit dem Taxi weiter in das Hospital in Dolakha gefahren.
Wir haben etwas außerhalb gewohnt und mussten morgens und abends etwa eine Stunde laufen. In der ersten Zeit, als wir noch von der Krankheit geschwächt waren, was das hart. Aber danach haben wir auf dem Weg das phantastische Panorama des Bergmassivs genossen und morgens auf dem Hinweg dabei gefrühstückt. Theoretisch hätte man auch mit dem Auto-Shuttle zum Hospital mitgenommen werden können, aber wir haben den Fußweg vorgezogen.
Das Dolakha-Hospital
Das Krankenhaus hat 25 bis 30 Betten, ein zweites Haus mit weiteren 30 Betten war zur Zeit unseres Aufenthalts gerade geschlossen. Es ist ein general medic, d. h., es werden dort alle Fachdisziplinen abgedeckt. Die Ausstattung des Krankenhauses mit Geräten ist bescheiden. Dafür sind die Ärzte extrem engagiert und haben sehr gute handwerkliche Fähigkeiten. Zusätzlich wurde jeden Morgen per Internet eine Videoverbindung mit dem Hospital in Kathmandu hergestellt, um spezielle Fälle zu besprechen. Außerdem finden regelmäßig Weiterbildungen per Video statt.
Wir durften im Krankenhaus eigentlich alles selbst machen. Die beiden Chefs haben uns überall mit hingenommen und waren sehr
zuvorkommend.
Es wird an sechs Tagen wöchentlich gearbeitet. Ansonsten gab es für uns keine strengen Zeitvorgaben: wir haben morgens so gegen 09:00 Uhr angefangen und dann bis abends gearbeitet. Unsere Chefs haben uns sogar ein paar Tage frei gegeben, damit wir uns das Land ansehen konnten.
Neben den schon genannten Krankheiten passieren oft schwere Busunglücke. Während unseres Aufenthalts hat es glücklicherweise nur ein weniger schweres Unglück gegeben, mit „nur“ einem Toten und wenigen Verletzten.
Bei den Patienten muss man unbedingt berücksichtigen, dass nepalesische Frauen sehr schamhaft sind und man sie oft nur durch die Kleidung untersuchen darf.
Das Essen im Krankenhaus war traumhaft! Der Küchenchef hat jeden Tag Dal Bat gekocht, einen sehr leckeren Linseneintopf, der immer wieder anders gewürzt war. Dazu gab es Reis, Gemüse, Curry und die scharfe roten Würzpaste Asar bzw. Silam. Besteck gibt es nicht, es wird mit den Händen gegessen. Wir mussten das Mit-den-Fingern-Essen natürlich erst lernen, bei Reisgerichten ist das gar nicht so einfach.
Der Tee ist ausgezeichnet, es gibt eine riesige Auswahl in allen Geschmacksrichtungen. Der bei uns als „Chai“ bekannte Gewürztee heißt in Nepal „Chia“. Kaffee ist wenig verbreitet und wirklich schwierig zu bekommen. Kaffeetrinker sollten sich darum unbedingt löslichen Kaffee mitbringen.
Wieder zu Hause
Ich habe von dem Aufenthalt in Nepal viel mit nach Hause mitgenommen:
Neben den Erfahrungen im Hospital bleiben mir die freundlichen Menschen und die atemberaubende Landschaft im Gedächtnis.
Ich bin, seit ich wieder hier bin, auch für kleine Dinge dankbar: Zum Beispiel, dass es 24 Stunden täglich Strom gibt.”
Nina Kröher
(Hier finden Sie “Teil 1: Vorbereitung der Reise nach Nepal”)