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Kommentar: Studentin, Student oder Studierende?

Zwischen dem Hamburger Studierenden-Magazin info-parkour und dem ASTA eskaliert gerade ein bizarrer Streit um genderspezifische Ausdrucksweise. Info-parkour ist das unabhängige Online-Studenten-Magazin der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und erscheint seit 2008. Die info-parkour-Redaktion besteht aus Studierenden, die vom ASTA finanziert werden. Nun steht gerade die Verlängerung der Verträge für die redaktionelle Arbeit an. Und da gibt es gewisse Hindernisse für eine weitere erfolgreiche Kooperation…

Welche Gründe hat der Konflikt zwischen ASTA und info-parkour?

Der ASTA schreibt dazu in einer Pressmitteilung vom 31.08.2011:
„Nach zwei Jahren endet die finanzielle Förderungsperiode des Hochschulmagazins info-parkour.de durch den AStA der HAW Hamburg auf eigenen Wunsch. info-parkour.de hat leider bis zuletzt die vom AStA geforderten (und durch die Satzung und Wirtschaftsordnung der Studierendenschaft vorgegebenen) Kriterien für eine weitere Förderung nicht erfüllt. Gefordert wurde überdies ein Rechenschaftsbericht zur Evaluation des bisherigen Mitteleinsatzes von 44.700,- Euro in den Jahren 2010/11. Vor dem Hintergrund, dass hier Gelder der Studierendenschaft investiert wurden, zählt ein Rechenschaftsbericht für den AStA als eine Bedingung für die Fortführung der Förderung.
Zudem haben VertreterInnen des AStA sowie Studierende der Hochschule im Rahmen einer öffentlichen Diskussion auf der Website von info-parkour.de für eine geschlechtsneutrale Sprache zu sensibilisieren versucht.“ (Quelle: asta Hamburg).

info-parkour meint in einer detaillierten Stellungnahme vom 03.09.2011 dazu:

„Das Magazin verwendet seit Gründung 2008 für die Mehrzahl von Studenten und Studentinnen das Wort “Studenten”. Mit dieser Formulierung verstößt info-parkour neuerdings gegen den AStA-Satzungs-Punkt “Geschlechtergerechtigkeit”. Der AStA beschuldigt info-parkour also der Geschlechter-Diskriminierung. […] Für eine erneute Finanzierung wären die Redakteure von info-parkour dazu gezwungen, in allen veröffentlichten Artikeln die Formulierung “Studierende” zu verwenden, da diese laut einer Studie angeblich als geschlechtsneutral angesehen wird.“

Der Streit ist eskaliert, die Tagespresse hat sich darauf gestürzt und die Zukunft des wirklich lesenswerten Studierenden-Magazins ist zurzeit etwas ungewiss.

„PULS.“-Meinung: Angriff auf die Pressefreiheit oder Angriff auf den Verstand?

In der Forderung des ASTA nach einer geschlechtsneutralen Sprache in dem Studierenden-Magazin sieht die info-parkour-Redaktion einen „Angriff auf die Pressefreiheit“.

Booaaahhhh… da werden aber gleich die ganz schweren Geschütze aufgefahren.
Ich sehe die Forderung nach einer geschlechtsneutralen Ansprache der Studierenden nicht als Anschlag auf die Pressefreiheit.
Die info-parkour-Redaktion orientiert sich nach eigener Aussage für ihr „journalistisches Projekt“ an den großen Tageszeitungen wie „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Der Spiegel“, „Süddeutsche Zeitung“, „Die Zeit“ oder „Neue Zürcher Zeitung“.
Nun, die genanten Pressorgane sind ohne Zweifel „journalistische Institutionen“.
Aber muss ein Studierenden-Magazin oder eine Studierenden-Zeitung, ob print oder online, denn zwangsmäßig den gleichen Weg einschlagen wie die Altvorderen?
Ist es nicht das Recht einer universitären Publikation, moderner zu sein, als das, was auf dem freien Markt schon (laaaaaange) existiert?

Die „PULS.“-Redaktion hält es für ihr Recht und ihre Pflicht, moderner zu sein als die Tagespresse. Ein universitäres Magazin, das sich vorwiegend an Studierende richtet und dann noch online erscheint, darf einen anderen Tonfall anschlagen als die journalistischen Institutionen der Tagespresse. Die Universität ist eine Ideenschmiede und hat ihre eigenen Gepflogenheiten wie Quer- oder Andersdenken. Dementsprechend sind im universitären Raum auch andere sprachliche Formen erlaubt und angebracht als „draußen“. Die dürfen an dieser Stelle auch kultiviert werden.

Ich bin schon lange keine Studentin mehr. Trotzdem pflege ich für unser Online-Studierenden-Magazin offenbar einen moderneren Tonfall als die studentische Redaktion des info-parkour.
Die „Tonality“ von „PULS.“ entspricht meiner persönlichen Überzeugung und ist darüber hinaus mit meinem Arbeitsgeber, dem Fachbereich Medizin, so abgestimmt. So wird die Formulierung „Studierende“ an unserem Campus u. a. durch die  Studiendekane und andere Gesprächspartnerinnen verwendet und eingefordert.
Eine solche Abstimmung mit meinem Arbeitgeber bedeutet nicht, dass ich „gekauft“ bin und meine Pressefreiheit aufgegeben habe, meine Meinung als Journalistin behalte und vertrete ich. Denn ich schreibe „PULS.“ nicht für mich selbst, wie meinen Wissenschaftsblog „meertext“, sondern im Auftrag des Dekanats und für die Studierenden.

Nebenbei: Ich persönlich schätze es überhaupt gar nicht, wenn konsequent Bezeichnungen wie „Journalisten“, „Biologen“, „Wissenschaftler“,… verwendet werden und ich dann schon „irgendwie mitgemeint“ bin. Ein derartiger Sprachgebrauch ist der schnellste Weg, bei mir konsequent und nachhaltig zu versch…
Aufmerksame LeserInnen merken spätestens an dieser Stelle, dass meine Sprache zumindest in diesem persönlichen Kommentar keinesfalls konform mit den echten Institutionen der Medienlandschaft ist.
Tod dem „generischen Maskulinum“!
Jawoll.

Bettina Wurche

 

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