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Forschung: Kleine Monster aus dem Geschirrspüler?

Im Haushalt lauern unzählige Gefahren, von denen viele einen Arztbesuch nach sich ziehen können. Vor allem die Küche ist ein echter Hindernisparcours:

Exophiala

Verbrennungen an Herd und Ofen, Verletzungen an scharfen Klingen oder rotierenden Messern, Wasserlachen oder Gemüsereste auf glatten Böden als Rutschfaktor. Dazu kommen mikrobiologische Überraschungen wie außer Kontrolle geratene E. coli-Stämme, Schimmelpilze und andere Mikroorganismen in verdorbenen oder verunreinigten Nahrungsmitteln.
Eine aktuelle mikrobiologische Publikation hat die Besiedlung von Geschirrspülern mit Mikroorganismen untersucht und überraschende Resultate erbracht.

Der Geschirrspüler – eine extreme ökologische Nische

Das natürliche Habitat des Geschirrspülers ist die Küche.
Und der Geschirrspüler ist das natürliche Habitat von schmutzigen bzw. sauberen Tellern, Tassen, Gabeln, Messern,… und einigen Mikroorganismen. In dieser feucht-warmen Umgebung gedeihen vor allem Pilze sehr gut.

Die aktuelle Publikation „Dishwashers – A man-made ecological niche accommodating human opportunistic fungal pathogens“ von Zalar et al richtet den Fokus auf Geschirrspüler in Privathaushalten und ihre Besiedlung durch Mikroorganismen.
Ihr Ergebnis: In Geschirrspülern siedeln Mikroorganismen, die die Wissenschaftler dort gar nicht erwartet haben!

Die Studie hat 189 Geschirrspüler in Privathaushalten aus 101 Städten und Gemeinden weltweit untersucht: in Europa, Nord- und Südamerika, dem Nahen und Fernen Osten, Afrika und Australien.
In 62 % der untersuchten Geschirrspüler fanden sich Pilze.
Die schwarzen Hefen Exophiala dermatitidis und Exophiala phaeomuriformis (Chaetothyriales) waren sehr häufig. Von den 62 % verpilzten Geschirrspülern waren 56 %

Exophiala dematitidis

mit Exophiala besiedelt: Beide Exophiala-Spezies sind als pathogen, sie können Erkrankungen wie z. B. zu zystische Fibrose („cystic fibrosis“) verursachen.
Außerdem wurden, weniger häufig, Pilze der Gattungen Aspergillus, Candida, Magnusiomyces, Fusarium, Penicillium und Rhodotorula gefunden.

Einige der gefundenen Pilze sind Extremophile: Das Habitat „Geschirrspüler“ ist durch hohe Temperaturen (60 – 80 °C), sehr hohe Luftfeuchtigkeit und hohen Salzgehalt ein extremer Lebensraum. Dafür bietet es durch die Nahrungsreste viele Nährstoffe.
Gerade Exophiala ist hart im Nehmen (polyextremotolerant): “The high prevalence of the two Exophiala species can be explained by their remarkable thermotolerance, halotolerance and pH tolerance, the combination of which has previously not been observed in fungi. They could therefore be classified as polyextremotolerant microorganisms, in accordance with Bowers et al. (2009), schreiben Zalar et al.
Also mit anderen Worten: Die hohe Prävalenz der beiden Exophiala-Arten kann erklärt werden durch ihre bemerkenswerte Toleranz gegenüber hohen Salzgehalten, Temperaturen und extremen pH-Werten. Eine Kombination dieser extremen Umweltparameter ist für Pilze nie zuvor beschrieben worden. Darum kann man sie als polyextremotolerant beschreiben.

Außerdem ermöglicht die Ko-Existenz verschiedener Genotypen bei einigen Spezies den Austausch von Erbmaterial und die mögliche Entstehung von neuen Genotypen mit noch unbekannten Eigenschaften.
Die Forscher um Zalar halten weitere Forschung für sehr wichtig, schließlich sollte man wissen, welche Gefahren einem Geschirrspüler entkreuchen können.

Geschirrspüler- versus Kühlschrankbewohner

Diese Publikation hat den Science-Blogger Lars Fischer auf Fisch-Blog zu dem sehr lesenswerten Beitrag „ Der extremophile Pilz aus der Geschirrspülmaschine“ inspiriert. Herr Fischer hat offenbar eine Serie mikrobiologischer Selbstversuche durchgeführt und kann neben der Geschirrspüler-Geschichte mit Vergleichsdaten aus seinem Kühlschrank aufwarten.

Auch das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Goethe Universität überprüft regelmäßig Geschirrspüler auf ihre Besiedlung mit Mikroorganismen. Frau Betz-Bamberg bestätigt die Untersuchungsergebnisse von Zalar et al durch ihre eigenen Ergebnisse: „Ich mache jährlich ca. 100 Überprüfungen von Geschirrspülmaschinen. Bei Temperaturen von 60-80°C haben wir die besten Ergebnisse, es sind selten keine Keime nachweisbar, selbst Sporenbildner sind zu finden. Das eigentliche Problem ist die Hygiene, es sollte immer das Sieb gereinigt werden, und auch das Salz nicht vergessen werden damit die Düsen nicht verkalken und ab und zu sollte die Maschine auch gereinigt werden.

Hygiene mit Nachdruck aber ohne Panik

Mikrobiologisch versierte Personenkreise wissen:
Entzieht man einen extremophilen Organismus seinem Habitat, wird er meistens schnell handzahm, in der Regel geht er ein. Insofern stellen Geschirrspüler wahrscheinlich keine große Gefahr für Erkrankungen durch pathogene Mikroorganismen für Menschen dar.
Trotzdem sollte man über das Potential eines Geschirrspülers oder anderer Keim-Brutstätten im Haushalt informiert sein und seine eigenen Hygienemaßnahmen, vor allem rund um Küche und Bad, immer mal wieder überdenken. Und wenn es nur das ständige Erinnern an das altbewährte Händewaschen ist.
Gleichzeitig kann man auf andere Personen einwirken, diese grundsätzlichen Hygienevorschriften ebenfalls zu befolgen. Ohne Panikmache, aber in Zeiten der jüngsten Ehec-Infektionen mit Nachdruck.

Bettina Wurche

 

 

 

 

 

 

 

 

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