Der neue Uni-Report ist da!
Personalia, Veranstaltungen und Meinungen aus allen Fachbereichen der Goethe-Universität.
Hier können Sie sich die aktuelle Ausgabe 5/2013 als .pdf herunterladen:
http://www2.uni-frankfurt.de/48174119/Unireport_5-13.pdf
Diesmal mit dabei (auf S. 5):
“Das Rätsel Senckenberg
Experten der Universitätsbibliothek transkribieren die fast unleserlichen Tagebücher des Arztes und Stifters”
Johann Christian Senckenberg (1707-1772) ist der Begründer und Namensgeber gleich mehrerer medizinischer und naturwissenschaftlicher Institute in Frankfurt. Der sehr engagierte und etwas kauzige Frankfurter Arzt hat – neben seinen Stiftungen – auch 53 Tagebücher hinterlassen, die als unlesbar galten: Die Texte waren in einem Gemisch aus Deutsch, Hessisch und Latein in Sauklaue aufgeschrieben. Neben wissenschaftlichen Statements und Versuchen hatte er auch deftigen Tratsch der Zeit zu bieten: Senckenberg verabscheute Lokalpolitiker und Würdenträger, darum lästerte er gern über sie. Über ihre Besuche in den Hurenhäusern oder ihre persönliche Bereicherung. Tagespolitisch dokumentiert er den Einmarsch der Napoleonischen Truppen in Frankfurt und andere historische Ereignisse.
Die Philologin Dr. Veronika Marschall hat das fast Unmenschliche geschafft: Sie kann Senckenberg lesen und übersetzen.
Ihre Arbeitsweise: „Ich versuche, so viele Wörter wie möglich zu entziffern und dann den Sinn des Satzes zu erfassen“. [...] WarumSenckenberg so eigenartig schrieb, kann auch sie nur vermuten. Das sei wohl Teil seiner Persönlichkeit.”
“Seinen Frieden mit den Stadtoberen hat der schon zu Lebzeiten berühmte Arzt bis zu seinem Tod nicht gemacht. Bis zuletzt kämpfte er um Reformen im Gesundheitswesen – aber fand bei den Ratsherren kein Gehör. 1763 stiftete der kinderlose Witwer sein gesamtes Vermögen für eine bessere medizinische Versorgung der Bürger und erwarb am Eschenheimer Tor ein Grundstück für einen „Tempel der Wissenschaft“, ein Hospital für arme Kranke. Sein eigenes Ende kann man tragisch oder einfach schicksalhaft nennen: Bei der Besichtigung des von ihm gestifteten „Bürgerhospitals“ stürzte er am 15. November 1772 von einem Baugerüst in den Tod.”
Übrigens: Viele Ideen Senckenbergs sind erstaunlich aktuell: „Die Aerzte“, so forderte er, „müssen im eigenen Interesse ihre Kranken durch eine zweckmäßige Diät wieder herstellen, nicht aber an ihnen die Apotheker reich machen“.
Es lohnt sich, mal einen Blick in die Tagebücher zu werfen.
Die ersten beiden Bände sind schon online.