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Warum werden Menschen Körperspender?

„Was sagen die Menschen, die sich dazu entschlossen haben, ihren Körper zu spenden dazu?
Was sagen die Angehörigen?“ hat Jaeson Chung am 14.10.2013 gefragt.
Der Kommentar bezieht sich auf den puls.-Beitrag “Anatomische Präparation am Körperspender? – Ja bitte!“

puls. hat diese Fragen an Herrn PD Dr. Christof Schomerus, den Prosektor der  Dr. Senckenbergischen Anatomie, weitergegeben.

Interview mit Herrn PD Dr. Schomerus (Prosektor, s. u.)

„puls.“: Wie treten Menschen, die Körperspender werden möchten, mit Ihnen  in Kontakt? Und wie kommen sie auf den Gedanken?“
C. S.: „Sie müssen sich mit mir in Verbindung setzen – schriftlich, telefonisch, per Mail oder auch über ein persönliches Gespräch.
Da es meistens ältere Menschen sind, informieren sie sich weniger über unser Internetangebot, sondern hören es von anderen Personen oder werden durch Presseberichte darauf aufmerksam. Nach solchen Berichten gibt es dann erst einmal mehr Anrufe von Menschen, die Körperspender werden möchten.
Das Thema ist heute regelmäßig in der Presse präsent und es ist kein Tabuthema mehr. Die Presseberichte sind ja meist auch positiv.“

„puls.“: Welche Beweggründe haben Menschen, Ihren Körper für die medizinische Lehre zu spenden?“
C. S.: „Das ist sehr unterschiedlich.
Viele Menschen haben im Krankenhaus Gutes erlebt, und möchten dafür etwas zurückgeben. Die wollen dann mit ihrer Körperspende die Ausbildung der nächsten Generation von Ärztinnen und Ärzten unterstützen.
Natürlich gibt es auch Menschen, die dabei an die finanziellen Aspekte denken,
Ein anderer Beweggrund ist, dass einige Menschen gar keine Angehörigen haben oder ihren Angehörigen möglichst wenig Mühe machen möchten. Sie wissen, dass wir – die Dr. Senckenbergische Anatomie – uns dann um alles kümmern werden.“

„puls.“: „Wie kommen Sie mit den Hinterbliebenen in Kontakt?“
C. S.: „Ich werde von dem Tod des Körperspenders informiert und muss dann Kontakt zu den Hinterbliebenen aufnehmen.
Dann erkläre ich Ihnen, was weiter zu tun ist, etwa, dass der Todesfall beim Standesamt gemeldet werden muss. Das ist wichtig, denn dort wird die Sterbeurkunde ausgestellt, die wir für die Körperspende benötigen.  Nicht durch uns …”

„puls.“: „Wie reagieren die Hinterbliebenen auf die Körperspende?”
C. S.: „Viele Hinterbliebene sind über die Körperspende informiert, andere nicht. Für die allermeisten ist die Körperspende o. k., sie respektieren den Wunsch der Verstorbenen.
Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich, aber sehr selten ablehnend.
Die Akzeptanz ist sehr hoch, das sehen wir auch bei der Feier zur Beisetzung der Körperspender immer wieder. Viele Hinterbliebene wissen vorab nichts oder wenig über die Feier und sind dann sehr angenehm überrascht. Sie finden den feierlichen Ablauf mit den Ansprachen und der sehr schön und nehmen sehr positiv auf, dass die Studierenden sich dabei so viel Mühe geben.“

puls. dankt Herrn PD Dr. Schomerus für das Interview.

Persönliche Anmerkung der Redaktion:
Ich habe für puls. keine Interviews mit Menschen, die ihre Körper spenden möchten oder deren Angehörigen durchgeführt, obwohl ich regelmäßig an der Beisetzung der Körperspender teilnehme. Ein Interview in dieser Situation wäre mir persönlich zu aufdringlich erschienen. Die Angehörigen sind mit ihrer Trauer beschäftigt und sollten darin auch nicht gestört werden – sie anzusprechen, würden gegen meine persönlichen journalistischen und ethischen Grundsätze verstoßen.
Ein Anruf bei einem Körperspender kommt aus den gleichen Gründen nicht in Frage.
(s. o.)

Welche Aufgaben hat der Prosektor?
Der Prosektor ist verantwortlich für das Körperspendewesen.
Dazu gehören die Ausstellung von Körperspendevereinbarungen, Gespräche mit den Körperspendern und deren Angehörigen, die Verantwortung für die Pflege und Konservierung der Präparate, die Durchführung der Kurse der makroskopischen Anatomie sowie die Durchführung der Beisetzungsfeiern.
Er hat den direkten Kontakt zu den Körperspendern und ihren Hinterbliebenen.
In der Dr. Senckenbergischen Anatomie ist der Prosektor auch für die Organisation und Durchführung von klinisch-anatomischen Weiterbildungsveranstaltungen verantwortlich, die ebenfalls an Leichnamen von Körperspendern durchgeführt werden. In Operationskursen, die u.a. in Zusammenarbeit mit medizinischen Fachgesellschaften und Medizinprodukt-Herstellern durchgeführt werden, können neue Operationstechniken standardisiert oder bereits etablierte operative Eingriffe eingeübt und vertieft werden

 

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