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Medizinstudium: Proteste auf dem Medizin-Campus 2009. Und nun?

Vor einem Jahr, im November 2009, wurden die deutschen Universitäten von massiven Studentenunruhen erschüttert.

In Frankfurt wurde das Casino des Campus Westend besetzt.
Zeitgleich warf die Fachschaft Medizin in Zusammenarbeit mit vielen freiwilligen Helfen im Rahmen der „jetzt reichts Aktion“ ihre Thesen an die Leinwand.
Wie lauteten die Forderungen und was hat sich seitdem geändert?

Die zentralen Forderungen der Studentenschaft des Fachbereichs Medizin waren eine bessere Kommunikation und mehr Transparenz:
Sowohl eine bessere Kommunikation vom Dekanat zu den Studierenden (z. B. zu Kurseinteilungen, Terminen und Klausuren) als auch eine bessere Kommunikation von Lerninhalten und Vorlesungsunterlagen der Zentren/Fachkliniken gegenüber den Studierenden.

gk, bw

Was hat sich in den 12 Monaten geändert?

In einem mehrstündigen Gespräch mit einem Dutzend Köpfe haben die Medizin-Fachschaft und „PULS.“ die Forderungen vom November 2009 rekapituliert und debattiert, was sich bewegt hat.

Das Fazit der anwesenden Fachschaftsvertreter lautet:
Es hat sich wenig verändert.

Einiges hat sich allerdings doch getan:
Die Dozenten suchen mittlerweile eher das Gespräch mit den Studierenden. Die Fachgruppe meint, dass in vielen Bereichen ein Bemühen um positive Veränderungen zu spüren ist. Dazu gehört auch, dass das wichtige Amt des Studiendekans mit seinen sehr umfangreichen Aufgaben seit dem 01.11. von zwei Personen bekleidet wird.
Das sind kleine Forschritte.

Forderungen vom November 2009 und Ist-Zustand im November 2010

Hier kommt die Fachschaft zu Wort:
Welche Forderungen wurden im letzten November gestellt?
Was hat sich seitdem bewegt?

Forderung 1a: Lehre/Vorlesungen:

•Lernzielkataloge für alle Fächer und Semester!
•Weniger Forschung und mehr Basislehre in den Vorlesungen!
•Korrelation der Inhalte mit dem Gegenstandskatalog des IMPP!
•Didaktik Schulungen für alle Lehrenden. Verpflichtend!

Anmerkung der Redaktion:
Mittlerweile gibt es ein Curriculum für den klinischen Studienabschnitt.
Didaktikschulungen für Dozenten sind vom Fachbereichsrat beschlossen worden und werden ab 2011 angeboten. (gk, bw)

Die GLM meint:
Wir sind froh, dass es jetzt etwas gibt, in dem steht, was, wann, wo und wie stattfindet.
Manche Curricula sind sehr gut gemacht: Z. B. das, der „Inneren Medizin“. Dort werden neben den Inhalten auch der Umfang und die Lerntiefe der einzelnen Themen genannt. Da ist ein echter Lernzielkatalog enthalten. Diese Dozenten haben auch vorher schon sehr gute Lehre gemacht. Das Gleiche gilt für die Neurologie und Dermatologie.

Für andere Fächer sind die Curricula unzureichend. Es sind vage Schlagworte aufgeführt, die keine wesentlichen Rückschlüsse auf die Klausurvorbereitungen zulassen.
Lernziele sind nicht formuliert.
Ein Problem ist auch die Umsetzung der Curricula: In manchen Fächern weichen der Unterricht (z. B. die Vorlesung) und das Curriculum erheblich voneinander ab. Dadurch wird es für die Prüfungsvorbereitung wieder unerheblich. Denn das, was in der Vorlesung behandelt wird, wird schließlich auch in der Klausur abgeprüft. Ein positiver Aspekt des Curriculums ist, dass es eine Übersicht gibt, in der aufgeführt ist, in welchem Semester welche Prüfungen abzulegen sind.

Da der Dekan immer wieder die „Freiheit der Forschung und Lehre“ betont, ist ein Curriculum offenbar nicht bindend. Es hat keine Konsequenz.
Und von flächendeckenden Lernzielkatalogen sind wir noch weit entfernt.

Forderung 1b: Lehrmittel:

•Alle Vorlesungen Online. Vor Beginn des Semesters!
•Skripten mit Lernzielen für jedes Fach. Vor Beginn des Semesters!
•Listen mit Lesenden Dozenten/innen. Vor Beginn des Semesters!

GLM:
Hier gibt es kleine Fortschritte: Mittlerweile stellen ein paar Institute ihre Vorlesungsunterlagen online zur Verfügung.
Dabei ist allerdings problematisch, dass diese Unterlagen an vielen verschiedenen Orten verteilt zu finden sind. Viele Institute haben eigene Internet-Seiten, für die jeweils gesonderte Passwörter notwendig sind. Solche Passwörter werden manchmal eher beiläufig in den Vorlesungen genannt.

Es wäre wirklich wichtig, wenn alle diese Unterlagen zentral über WebCT (=Lernmanagementsystem der Universität) zu finden sind, damit man mit dem HRZ-Account (= Nutzername + individualisiertes Passwort) Zugriff hat. Ein in der Vorlesung, also öffentlich, genanntes Passwort bietet auch keine gute Sicherheitsstufe.

Forderung 2: Blockpraktika:

•Standardisierung der Blockpraktika an allen Lehrkrankenhäusern!
•Eine feedback-Evaluation für die Lernziele der Blockpraktika!
•Ein Fach sollte gelesen sein, vor Beginn des jeweiligen Blockpraktikums!

GLM:

Die Einteilung ist nun schon etwas früher erfolgt, aber immer noch viel zu spät.
Dadurch wird es schwierig bis unmöglich, Famulaturen im Ausland zu absolvieren. Für viele Auslandsaufenthalte muss man sich sehr frühzeitig, manchmal ein Jahr im Voraus, bewerben und lange im Voraus mit der Planung beginnen. Da Auslandsaufenthalte erwartet werden, ist diese Situation prekär.
Auch manche Promotionsvorhaben werden dadurch erschwert.

Von den Studierenden wird allerhöchste Flexibilität erfordert, das Dekanat ist leider nur sehr wenig flexibel. Es ist uns unverständlich, warum die Einteilungen so lange dauern. Eigentlich steht aufgrund des verschulten Lehrplans ja sehr frühzeitig fest, wer in welchem Semester voraussichtlich welche Blockpraktika zu machen hat.

Forderung 3:

•Zweite Vollzeitstelle für den Tätigkeitsbereich von Herrn Drolshagen und Herrn Melamed!
•Zentralen, semesterspezifischen, jeweils aktuellen Informationspool!
•Personalisierte Notendatenbank!
•Kommunikation und Transparenz im Dekanat!
•Einhaltung des Kursablaufprogramms!
•Keine Lehrveranstaltungen/Prüfungen parallel!
•Kurseinteilungen vor Semesterstart!

GLM:

An der schlechten Kommunikation und Transparenz im Dekanat hat sich leider nichts geändert.
Kurzzeitig war ein bisschen Aktionismus ausgebrochen:
Termine und wichtige Daten müssen aus vielen verschiedenen Informationsquellen zusammengesucht werden. Das nervt. Nach den Protesten waren zwei Studenten damit beauftragt worden, diese Termine gesammelt weiterzuleiten. Erstens haben diese Studenten selbst nicht alle Termine bekommen. Zweitens ist diese Aktion jetzt wieder ausgelaufen.
Es gibt keinen zentralen, semesterspezifischen, aktuellen Informationspool.
Bisher wurden manche Termine unter „Aktuell“ angekündigt, andere wurden per e-mail verschickt, wieder andere tauchten nur auf Institutsseiten auf.
Auch unter „Aktuell“ auf der Homepage wird nicht alles gebracht.
Dabei könnte das eine Lösung sein, wenn dort alle Informationen einlaufen würden. Am besten auch noch nach Studienabschnitt und Semester getrennt.
Für die Studierenden wäre wichtig, dass es für alle Termine einen Weg gibt und nicht verschiedene parallel.

Zentrale Eintragung:
Die zentrale Eintragung ist offenbar nicht wirklich eine zentrale Eintragung. Bei einzelnen Instituten muss die Eintragung gesondert erfolgen.
Es wäre schön, wenn es entweder tatsächlich eine zentrale Eintragung gäbe oder wir uns um alles selbst kümmern könnten.

Anmerkungen der Redaktion:

Mittlerweile gibt es sowohl bei Herrn Melamed als auch bei Herrn Drolshagen jeweils eine Sekretärin.
Alle Klausurtermine und -ergebnisse sind zusammengefasst auf der Homepage zu finden:
-          Studieren am Fachbereich/Prüfungen/Klausurtermine 2010/
oder unter
-          Studiengang Medizin/Klinischer Studienabschnitt/Prüfung
Beide Pfade führen zum Ziel, die Seite wird gepflegt.
Seit Februar 2010ist „PULS.“ online und bringt mehr Transparenz zu Hintergründen von Entscheidungen und Veränderungen. (gk, bw)

Forderung 4: Klausur:

Technik muss pünktlich funktionieren, sonst Backuplösung auf Papier!
Genügend Zeit zwischen den Prüfungen!
Nachschreibtermine ohne Zeitverlust und Mehrbelastung!
Eine volle Kraft zur Unterstützung für Herrn Dr. Melamed!
Nicht erfolgte Anmeldung darf nicht als Fehlversuch gelten!
Zeit pro Fach muss ausgeschöpft werden können!

GLM:
Die Studierenden haben sich in der von der Fachgruppe GLM durchgeführten Umfrage nach der missglückten E-Klausur ausdrücklich für E-Klausuren ausgesprochen. Es muss nur sicher gestellt sein, dass alles einwandfrei funktioniert. Eine Rückkehr zu Papierklausuren wäre ein Rückschritt.
Das größere Problem bei Klausuren sind die schlechten Fragen. Oder vertauschte Fragen (z. B.: die Fragen für das 2. Klinische Semester sind beim 4. gelandet und umgekehrt).
Außerdem liegt den Geprüften sehr viel an einer zeitnahen Auswertung der Klausurergebnisse.

Anmerkungen der Redaktion:
Alle Klausurtermine und -ergebnisse sind zusammengefasst auf der Homepage zu finden:
-          Studieren am Fachbereich/Prüfungen/Klausurtermine 2010/
-          Studiengang Medizin/Klinischer Studienabschnitt/Prüfung
Beide Pfade führen zum Ziel, die Seite wird gepflegt.
Die Zeit zwischen den Prüfungen kann in der Übersicht der Klausurtermine (s. o.)  frühzeitig überblickt werden.
Die Klausurergebnisse sind ebenfalls unter diesen Pfaden zu finden. Nur die Zensuren der Oktoberklausur sind noch nicht verfügbar.
Die Zeit pro Fach kann ausgeschöpft werden. (gk, bw)

Forderung 5: Tertialorga + Aufwandsentschädigung

Transparenz der Bestimmungen zur Durchführung des PJ!
Möglichkeit der Zahlung einer Aufwandsentschädigung!
Frei wählbare Einzeltertiale ohne Bindung an einzelne Lehrkrankenhäuser!
Keine Bindung an die Uniklinik!

GLM:
Da hat sich überhaupt nichts verändert. Es ist genauso schlecht geblieben, wie es war.

Unser Fazit zum Vergleich unserer Forderungen vom letzten November:
Leider hat sich nicht viel verändert.

Fachschaft FB Medizin
Fachgruppe Gemeinsame Liste Medizin (GLM)

Anmerkung der Redaktion:
Die Forderungen der Studentenschaft bezogen sich auf den klinischen Studienabschnitt.
An dem Gespräch hatten nur Vertreter der Fachgruppe GLM teilgenommen.

bw, gk

(Das Gespräch mit der Fachschaft führten Frau PD Dr. Klauer und Bettina Wurche).