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Medizinstudium: Lass´ Dich coachen – mit MIGMENTO

MIGMENTO ist ein Mentoring-Programm der Goethe-Uni, das Studierenden mit Migrationshintergrund den Einstieg ins Studium erleichtern soll.
Studierende aus dem 1. bis 3. Semester (Mentees) können sich noch bis zum 06.01.2012 bewerben.

Was bietet MIGMENTO?
-          Orientierung zu Studienbeginn am Fachbereich
-          Unterstützung bei der Studien-Organisation und Prüfungsvorbereitung
-          Gespräche mit erfahrenen Studierenden
-          Kennenlernen von Studierenden aus anderen Studiengängen
MIGMENTO ist ein Pilotprojekt, dies ist der 2. Durchgang.

Interview mit Frau Theuring-Gedik und Frau Streich vom MIGMENTO-Team

„PULS.“:„Was bietet MIGMENTO?“
MIGMENTO: „Wir wollen StudienanfängerInnen, die im 1. bis 3. Semester sind, den Weg ins Studium einfacher machen, indem wir ihnen erfahrene Studierende als Mentoren an die Seite stellen.
Grundsätzlich ist ein Mentoring zu Studienbeginn immer von großem Vorteil, weil es Orientierung und Hilfe geben kann. Unser Projekt richtet sich speziell an Studierende, die selbst oder deren Eltern einen Migrationshintergrund haben, da sich die Eltern an deutschen Unis oft nicht gut auskennen.
Das Coaching umfasst sowohl individuelle Förderung durch Mentoren als auch über Gruppenarbeit in Workshops und Stammtische zu festgelegten Zeiten.
Wir bieten ein umfassendes Programm:
-          Die Individuelle Begleitung über 9 Monate durch einen Mentor oder eine Mentorin, der oder die schon länger Medizin studiert
-          Kostenlose Workshops zu uni-relevanten Themen (Umgang mit Prüfungssituationen, Lerntechniken, etc.)
-          Networking-Angebote (Stammtische, Treffen), um andere Studierende kennenzulernen.“

„PULS.“:„Was sind “Mentees” und Mentoren?“
MIGMENTO: „Ein Mentee ist ein Student oder eine Studentin, der oder die sich von einem fortgeschrittenen Mentor im Studium begleiten lässt. Wir führen mit allen Teilnehmern Vorgespräche und suchen dann für die Tandems die Teilnehmer so aus, dass sie gut zusammen passen.
Ein Mentor ist kein Tutor, er zensiert und bewertet nicht.“

„PULS.“:„Was können die MentorInnen ihren Mentees bieten? Wie läuft die Unterstützung?“
MIGMENTO: „Gerade zu Beginn des Studiums braucht man oft Hilfe bei der Orientierung und Strukturierung. Das Lernen im Studium ist ganz anders als in der Schule, Studierende müssen viel selbständiger sein und sich um viel mehr selbst kümmern.
Mentoren sind wie ein älterer Bruder oder eine ältere Schwester. Zwischen Mentoren und Mentees wird eine persönliche Beziehung aufgebaut. Dadurch können Studienanfänger hier auch Fragen stellen, die sie sich bei offiziellen Stellen nicht zu fragen trauen. Die Mentoren können aus ihrer eigenen Studienerfahrung Tipps geben, die man sonst nicht so einfach bekommt: Etwa, welches Lehrbuch für welche Vorlesung am besten geeignet ist oder wie man die Lernphasen am besten strukturiert, damit man auch wirklich alle Klausuren schafft.
Ein wichtiger Punkt sind auch Verhaltensregeln gegenüber Professoren, Dozenten und anderen Personen: An der Universität gelten bestimmte formale Regeln, etwa die richtige Anrede in einer e-mail. Wenn man die richtig beherrscht, kann man sich viele Probleme ersparen. Eine e-mail ohne Anrede und abschließenden Gruß gilt als respektlos, das hinterlässt oft einen sehr schlechten Eindruck.
Vor allem Studierende, deren Eltern nicht studiert haben, profitieren von den Ratschlägen der Mentoren, die Universität ist eben doch ein spezielles Umfeld. Und selbst wenn die Eltern in Deutschland oder im Ausland studiert haben: die Universitäten haben sich seitdem geändert und unterscheiden sich oft von Uni-Systemen anderer Länder.
Mentoren können auch helfen, einen Job oder Praktikumsplatz zu finden und die Bewerbungsunterlagen noch einmal überprüfen.
Eine unserer Mentorinnen meinte kürzlich zu mir, dass sie selbst gern so eine Unterstützung gehabt hätte: Es hätte ihr vieles einfacher gemacht. Auf unserer Homepage sind mehrere Interviews mit Mentees und Mentoren zu finden.“

PULS.“:„Welche Themen haben die Workshops?“
MIGMENTO: „Das Workshop-Angebot umfasst je eine Einführungs- und eine Abschlussveranstaltung. Dann gibt es Workshops von externen Experten zur Prüfungsvorbereitung, Lernen und Lerntechniken oder wie man mit Rückschlägen umgeht und vieles mehr.
Wir bieten die Workshops jeweils einmal am Samstag und unter Woche an, so dass man sich den passenden Termin aussuchen kann.“

„PULS.“:„Welche Vorteile hat ein solches Netzwerk für Studierende?“
MIGMENTO: „Die MIGMENTO-Tandems und –Gruppen sind eine stabile Ressource. Erst einmal bekommt dadurch jeder Studierende  einen Einblick in andere Fachbereiche. Durch diesen Blick über den Tellerrand lernt man andere Leute und Sichtweisen kennen. Das ermöglicht entspanntere Gespräche als innerhalb des eigenen Fachbereichs, wo sonst schnell Druck durch Notenvergleiche auftaucht. Alle unsere Studenten bringen von sich aus schon hohe Qualifikationen und interessante persönliche Erfahrungen mit, so dass die Teilnehmer voneinander lernen können. Davon kann dann jeder für seinen eigenen weiteren Werdegang profitieren.“

„PULS.“:„Wie viel Zeitaufwand bedeutet eine Teilnahme an MIGMENTO?“
MIGMENTO: „Eine Teilnahme an MIGMENTO wäre ja erst einmal auf 9 Monate begrenzt. In dieser Zeit gibt es einige Termine, die eingehalten werden müssen:
-          Mindestens 2 Treffen pro Monat mit dem Tandem-Partner (Januar bis September 2012)
-          5 eintägige Workshops in 9 Monaten
-          Freiwillige Treffen mit allen 60 TeilnehmerInnen
-          Auftakt- und Abschlussfeier mit Zertifikatsübergabe.

Die 2 monatlichen Treffen von Mentee und Mentor sind das Minimum, die meisten Tandems treffen sich häufiger oder haben E-Mail und Telefonkaontakt .Das wird individuell abgesprochen. Auch in schwierigen Situationen, wie z.B. vor Prüfungen,   sind die Mentoren erreichbar, das ist gerade in den ersten Semestern ganz wichtig.“

„PULS.“:„Die Teilnahme am MIGMENTO Mentoring-Programm ist erst einmal auf 9 Monate begrenzt. Geht es danach noch weiter?”
MIGMENTO: „In dieser Zeit bekommt man durch die Betreuung und die Workshops erst mal einen Vorsprung im Studium. Die Workshops geben auch für das spätere Studium wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie z. B. Lern- und Zeitmanagement. Auch das Schreiben eines wissenschaftlichen Textes wird thematisiert, das wird man immer wieder brauchen. Viele Teilnehmer treffen sich auch nach dem eigentlichen Ende des Programms weiter, um sich weiterhin auszutauschen und für gemeinsame Unternehmungen.“

„PULS.“:„Wer kann oder sollte sich als Mentee bewerben?“
MIGMENTO: „Studierende aus dem 1. bis 3. Semester, die Unterstützung möchten (Mentees) können sich noch bis zum 06.01.2012 bewerben. Sie sollten in Deutschland Abitur gemacht haben, aber ursprünglich aus einem anderen Land kommen oder zugewanderte Eltern haben (“mit Migrationshintergrund”). Auch internationale Studierende, die zum Studieren nach Deutschland gekommen sind,  können sich bewerben.
Wir möchten die Studierenden darin unterstützen, ihre eigenen Stärken zu erkennen und weiterzuentwickeln. Die Stärkung der interkulturellen Kompetenz halten wir für besonders wichtig.“

„PULS.“:„Was verstehen Sie unter interkultureller Kompetenz?“
MIGMENTO: „Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen haben oft unterschiedliche Verhaltensweisen und kommunizieren auch häufig unterschiedlich.  Interkulturelle Kompetenz bedeutet, dass man diese Verhaltensweisen kennenlernt und hinterfragt: Wer bin ich und wer sind die anderen? Dadurch lernt man unterschiedliche Denkweisen verschiedener Kulturen kennen und kann leichter mit anderen Menschen kommunizieren.
Diese interkulturelle Kompetenz ist für Mediziner von besonders hoher Bedeutung und wird leider oft unterschätzt. Mediziner haben Patienten sehr unterschiedlicher kultureller und sozialer Herkunft und müssen mit allen eine Gesprächsebene finden. Die Kommunikation mit einer 30-jährigen Akademikerin aus Frankfurt ist wahrscheinlich anders als mit einem 70-jährigen Mann ländlicher Herkunft. Mediziner müssen wissen, dass etwa manche türkische Patienten Schmerzen teilweise anders beschreiben als die meisten deutschen Patienten. Nur dann können alle Patienten adäquat versorgt werden. Menschen sind eben vielfältig. Und je mehr Menschen aus unterschiedlichen Kontexten man kennt, desto besser kann man als Arzt später mit Patienten arbeiten.“

„PULS.“:„Haben Sie zurzeit noch Plätze frei?“
MIGMENTO: „Ja, gerade für Mentees aus der Medizin haben wir noch einige Plätze frei. Wir haben einige sehr engagierte Mentoren und Mentorinnen aus dem Fachbereich Medizin gewinnen können, die sehr gern Studierende aus den ersten Semestern betreuen würden. Und ihnen dann ganz wichtige Tipps speziell zum Medizinstudium geben können.
Wir haben die Bewerbungsfrist verlängert bis zum 06.01.2012 kann man sich noch als Mentee bewerben. Dazu muss man sich einfach den Bewerbungsbogen herunterladen und ausfüllen. Am Ende des Projekts gibt es für alle ein Zertifikat und Nachweise über die besuchten Workshops, die sich auch gut im Lebenslauf machen!“

Zum Weiterlesen:

In dem Beitrag “Nur auf Deutsche ausgerichtet” der Süddeutschen mahnt die in Istanbul geborene und in Frankfurt/Main aufgewachsene Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Elif Duygu Cindik, dass das deutsche Gesundheitssystem die Bedürfnisse von Migranten nicht immer genügend berücksichtigt.

Bettina Wurche

„PULS.“ bedankt sich bei Frau Theuring-Gedik und Frau Streich von MIGMENTO  für das Interview.
Das Interview führte „PULS.“-Redakteurin Bettina Wurche.

4 Kommentare

  1. Emanon,
    Danke für die Klarstellung :). Sie haben absolut recht, dass es die beschriebenen “Defizite” natürlich nicht nur bei “Migrantenkindern” zu finden sind, sondern eher ein allgemeines Defizit aufzeigen. Sie haben auch damit recht: der Verfasser ist weder Bildungsinländer noch “Migrantenkind”, aber Dozent, und kennt die mails al la: “Hallo, ich komme nicht an die Unterlagen der Vorlesung. Lösen Sie sofort mein Problem” ohne korrekten Namen, Gruss und von einer “Blümchen@yahoo”-Adresse….
    Ihr Kommentar geht aber in eine andere Richtung: Hinweise von Studenten werden nicht ernst genommen usw. Auch da stimme ich Ihnen zu, das kommt vor, das Gegenteil aber auch. Wie fast überall, wo Menschen zusammen arbeiten, gibts in der Uni “so ne” Menschen und “so ne Menschen”. Nichts ist nur schwarz-weiss. Eine Haltung: “der Prof – mein Feind” bzw. ” der Student – mein Feind” sollte vermieden werden, das hilft auch nicht weiter.
    Vielen Dank für Ihre Wünsche für das Projekt (damit habe ich zwar nichts zu tun, aber ich denke die Projektverantwortlichen lesen dies vielleicht auch)
    Ebenfall mit freundlichem Gruss
    openEyes

  2. Sehr geehrte(r) OpenEyes,
    es geht um den folgenden Textabschnitt:
    “Ein wichtiger Punkt sind auch Verhaltensregeln gegenüber Professoren, Dozenten und anderen Personen: An der Universität gelten bestimmte formale Regeln, etwa die richtige Anrede in einer e-mail. Wenn man die richtig beherrscht, kann man sich viele Probleme ersparen. Eine e-mail ohne Anrede und abschließenden Gruß gilt als respektlos, das hinterlässt oft einen sehr schlechten Eindruck.”

    Meiner Meinung nach ist es nicht zutreffend etwaige Defizite nur bei “Migrantenkinder” respektive Bildungsinländer zu suchen. Es ist vielmehr ein allgemeines “Problem” in der Universitären Landschaft.
    Wenn Studenten auf etwas hinweisen, dann wird es entweder nicht ernst genommen, oder es wird unter den Teppich gekehrt, oder leider gleich “gelöscht“. In diesem Zusammenhang habe ich das o.g. Beispiel „PULSmesser (4): Verwaltungsakt – Gelöscht“ aufgeführt.

    Ich gehe jetzt mal davon aus, dass der Verfasser (des letzten Kommentars) wohl weder Bildungsinländer noch Migrant ist. Hier geht es doch dann um „allgemeine Kommunikationsprobleme“ und nicht nur um das Verhalten von Migrantenkinder gegenüber Professoren respektive Dozenten.

    Ich betrachte die ganze Sache sowieso von (halb) ausserhalb.
    Trotzdem wünsche ich Ihnen viel Erfolg mit Ihrem Projekt.
    Mit freundlichen Grüßen
    Emanon

    „Wer sich selbst und andere kennt,
    Wird auch hier erkennen
    Orient und Okzident
    Sind nicht mehr zu trennen.“

  3. Hallo Emanon,

    ich verstehe Ihren Kommentar auf den Migmento-Artikel nicht…welche Gesichtspunkte zur interkulturellen Kommunikation meinen Sie denn, die Sie nicht richtig finden? Migmento hat ja wohl ein anderes Ziel (man sollte den Artikel ganz lesen), als die allgemeinen Kommunikationsdefizite, die Sie beklagen (zu Recht)…. Ihr Kommentar antwortet ja eher auf die zurückgezogene Pulsmesser-Kolumne und die Kommentare dazu nicht auf den Migmento-Artikel (+ Interview)
    Ebenfalls freundliche Grüße
    OpenEyes

  4. Sehr geehrte Damen und Herren,
    oder doch einfach nur Hallo?

    Ihr Artikel enthält einige Gesichtspunkte die meiner Meinung nach nicht richtig sind. Die Defizite liegen hier durchaus auch bei einigen Dozenten und Professoren.

    Wenn ich der Meinung bin, dass ein bestimmter Dozent den Lehrstoff falsch oder gar nicht wiedergibt, so ist er in meinen Augen “disqualifiziert”. Das hat nichts mit interkulturellen Defiziten zu tun, sondern ist eine logische Konsequenz. Wenn ich zudem auch noch erfahre, dass diese Person nicht die Kunst meines Faches in “gesicherter Qualität” wiedergeben kann, dann erst recht.

    Die Einhaltung von “Verhaltensregeln” bzw. “formalen Regeln” ist unter “Verwaltungsrechtlichen” Gesichtspunkten aus betrachtet eine zwingende Voraussetzung für eine fruchtbare Kommunikation.

    Ein Beispiel für eine absolute “Kommunikationsmisere“ an unserem Fachbereich ist unter anderem hier bei „PULS“ unter „ PULSmesser (4): Verwaltungsakt – Gelöscht“ nachzulesen. http://puls.meertext.eu/?p=4152#comment-353

    Bei Betrachtung des letzten Kommentars muss man etwas schmunzeln:
    „Armutszeugnis 20. Dezember 2011 at 20:41 • Reply
    „Ich muss den anderen voll und ganz zustimmen! Es ist mehr als nur traurig, dass auf den Druck eines profs hin ein kompletter Artikel, der weitestgehend die allgemeine Stimmung unseres Campus widerspiegelt, zurückgezogen wird. Wie kann sich ein mitteleuropäisches Land, wie Deutschland eines ist, sich im Ausland gegen Zensur stark machen, wenn doch genau hier, im kleineren Kreise, die Zensur der meinungsfreiheit immernoch ein mittel der Wahl zu sein scheint! Aus der Vergangenheit nichts gelernt…..?!?
    Des weiteren frage ich mich, in wie fern eine Kolumne, die doch dafür geschaffen wurde auf die Probleme der Studenten und Missstände der Uni aufmerksam zu machen, einen Sinn hat, wenn unbequeme Wahrheiten nicht ausgesprochen werden dürfen, ja gar unter Androhung von Konsequenzen verboten werden!!!
    Muss man sich als Student tatsächlich gefallen lassen, dass die eigene Meinung mit Füßen getreten wird? Sollen wir tatsächlich den Mund halten und über missstände schweigen, nur weil uns sonst Konsequenzen drohen?
    Wie kann man teile der Geschichte oder politische Systeme in anderen Ländern anprangern, wenn WIR zulassen, dass die Zensur in unserer Mitte Einzug hält?!“

    Ich sehe hierin keine Interkulturellen Interessenskonflikte, sondern einfach nur eine Unfähigkeit in der Gemeinschaft sich adäquat gegenüber Studenten zu „verhalten“.

    Der Verfasser des o.g. Kommentars bemängelt u.a. die Meinungsfreiheit hier in Deutschland und bringt es zudem deutlich zur Aussprache, deshalb empfinde ich Ihren Beitrag „Medizinstudium: Lass´ Dich coachen – mit MIGMENTO“ für etwas irritierend.

    Wenn man die ganze Wahrheit nicht hören will, dann tut es eben die halbe Wahrheit^^

    Mit freundlichen Grüßen,
    oder auch nur Tschüss!