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Gesundheitspolitik der Großen Koalition

Der neue Gesundheitsminister heißt Heinz Gröhe.
Gröhe ist ein CDU-Urgestein, Merkel-Vertrauter und Jurist.
Er hat keine medizin-spezifische Ausbildung und ist im Metier der Gesundheitspolitik neu.
Ein Medizinstudium ist noch keine Erfolgsgarantie für einen Gesundheitsminister, denn es gab schon Gesundheitsminister mit ärztlicher Approbation, deren Erfolge zum Wohle der Volksgesundheit eher in homöopathischen Dosen messbar waren.
Auch die beiden parlamentarischen Staatssekretärinnen betreten inhaltliches Neuland: Annette Widmann-Mauz  hat Politik- und Rechtswissenschaften studiert und Ingrid Fischbach ist Lehrerin. Karl-Josef Laumann (gelernter Maschinenschlosser) soll als beamteter Staatssekretär das neu geschaffene Amt für den Bereich Pflege und Patienten übernehmen (Ärzteblatt: Hermann Gröhe wird neuer Bundesgesund­heitsminister).
Nun sollen also zwei Juristen, eine Lehrerin und ein Maschinenschlosser die Geschicke der deutschen Gesundheitspolitik lenken. Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein.
Die Weichen für die künftige Gesundheitspolitik sind ohnehin  schon im Koalitionsvertrag vorab verhandelt und gestellt worden. Ab S. 96 des umfangreichen Werks geht es um „Gesundheit“.

Was steht zu “Gesundheit und Pflege” im Koalitionsvertrag?

Arzttermine:
Patienten soll bei einer Überweisung zu einem Facharzt nach spätestens vier Wochen ein Termin angeboten werden.

Bestechung im Gesundheitswesen:
Das Strafgesetzbuch soll um den Straftatbestand „Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen“ erweitert werden.

Bezahlung von Krankenhäusern:
Krankenhäuser sollen stärker nach Qualitätsmerkmalen bezahlt werden. Zur dementsprechenden Bewertung der Krankenhäuser soll ein Institut geschaffen werden. Für eine Reform der Krankenhausfinanzierung soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe bis Ende 2014 Eckpunkte vorlegen.

Krankenkassenbeiträge:
Der Beitragssatz für Krankenkassenbeiträge soll auf 14,6 Prozent festgelegt werden, der Anteil für Arbeitgeber auf 7,3 Prozent. Von Kassen erhobene Zusatzbeiträge sollen einkommensabhängig sein.

Pflege:
Der Pflegebedürftigkeitsbegriff soll reformiert werden. Die Stellung Demenz­kranker soll gestärkt werden. Bestehende Betreuungsleistungen sollen auf alle Pflegebedürftigen ausgebreitet und ausgebaut werden. 45.000 neue Kräfte sollen in stationären Einrichtungen eingestellt werden.[15] Pflegeversicherungsbeiträge sollen bis spätestens 2015 um 0,3 Prozentpunkte steigen, wovon ein Drittel in einen Fonds zur Abfederung künftiger Beitragserhöhungen fließt.[15]

(Zeit online: “Was im Koalitionsvertrag steht“; Wikipedia: Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages).

In welche Richtung geht die Gesundheitspolitik der großen Koalition?

Was bedeuten die Schlagworte im Koalitionsvertrag konkret?
Dr. med. Werner Bartens (Leitender Redakteur im Wissenschaftsressort der Süddeutschen Zeitung und Sachbuchautor) zieht  in seinem Kommentar „Mangelverwaltung und Phrasen“ in der Süddeutschen Zeitung eine ernüchternde Bilanz:
„Am Ende war die Einigung doch nur hasenfüßig: Eine Gesundheitspolitik, die sich an Bedürfnissen der Patienten orientiert, ist im Koalitionsvertrag nicht zu erkennen. Denn niemand hat sich getraut zu sagen, dass es im Gesundheitswesen primär um Interessen der Klinikverbände, Krankenkassen, der Medizin- und Pharmaindustrie geht.“
Bartens ist ein Gesundheits-Experte mit Überblick  -  es ist zu befürchten, dass er richtig liegt.

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