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Fakten zum PJ – Studiendekan Prof. Dr. Dr. Sader im Interview

Durch die Novelle der ÄAppO haben sich auch für das PJ wichtige Änderungen ergeben.
Insgesamt zielt die Neuregelung darauf ab, die Qualität dieser so wichtigen praktischen Ausbildung im Medizinstudium insgesamt deutlich anzuheben. Darum werden u. a. jetzt eine verpflichtende PJ-Evaluation und PJ-Logbücher eingeführt (s. u.). Ab sofort gibt es auch an jedem Lehrstuhl bzw. in jedem akademischen Lehrkrankenhaus einen offiziellen PJ-Beauftragten. Der PJ-Beauftragte ist der primäre Ansprechpartner für Dekanat und Studierende, und ist verantwortlich für die ordnungsgemäße Durchführung der PJ-Evaluation und die Einhaltung der PJ-Logbücher. Am Ende des Tertials unterschreibt er die PJ-Bescheinigung, die dem Landesprüfungsamt zur Anmeldung für das künftig neue 3. Staatsexamen vorgelegt wird.

Die neue ÄAppO hat einige Regelungen offen formuliert, so dass sich daraus keine eindeutigen Handlungsanweisungen ergeben. „Der Gesetzgeber hat leider unterschiedliche Zeiten des Inkafttretens von einzelnen Regelungen der neuen Approbationsordnung festgelegt. Und auch die Frage der PJ-Vergütung ist nicht eindeutig festgelegt, so dass eine Deutungsdiskussion vorprogrammiert war.“ bemängelt Herr Prof. Dr. Dr. Sader.
Zurzeit konzentriert sich die Diskussion um die Änderungen vor allem auf die PJ-Aufwandsentschädigung und den Studientag.

Darum erklärt der Studiendekan für den Klinischen Studienabschnitt Herr Prof. Dr. Dr. Sader im „PULS.“-Gespräch, den Stand der Fakten und die Umsetzung der Änderungen: Das PJ ist eine Art Beschäftigungsverhältnis zwischen den Studierenden und den Krankenhäusern – in Frankfurt also dem Universitätsklinikum und den Lehrkrankenhäusern -, der Fachbereich ist also nicht unmittelbar daran beteiligt. „Der Fachbereich bzw. das Dekanat stehen in einem besonderen Verhältnis zu ihren Studierenden und haben darum schon mehrfach zwischen den Parteien vermittelt. Durch gemeinsame Gespräche haben sie nach einer Lösung gesucht, die für alle Beteiligten tragbar ist.“

Fazit:
Solange es ein Hammexamen gibt (Frühjahr 2014) soll es einen Studientag geben. Fällt das Hammerexamen und somit auch der Studientag weg, ist der Weg für eine PJ-Vergütung frei.

Studientag

Die wichtigste Neuerung der neuen ÄAppO ist der Wegfall des Hammerexamens.
Bisher war das PJ eine ganztägige Veranstaltung (an 5 Tagen wöchentlich), direkt danach stand das Hammerexamen.
Studiendekan Prof. Dr. Dr. Sader: „In Frankfurt war es üblich, den PJ-lern eine Selbstlernphase von 8 Stunden wöchentlich zuzugestehen. Diese Selbstlernphase musste eigentlich am Ausbildungsort – also im Krankenhaus – verbracht werden und musste auch nicht am Stück genommen werden. Dass aus dieser Selbstlernphase der Studientag geworden ist, den die Studierenden überwiegend außerhalb der Lernstätte verbracht haben, war ein Verstoß gegen die ÄAppO. Das wurde allerdings in der Vergangenheit nicht kontrolliert. Vielmehr wurde der Verstoß stillschweigend geduldet, um den Studierenden ausreichend Zeit zur Prüfungsvorbereitung auf das Hammerexamen zu geben.

Ab dem nächsten Jahr fällt das Hammerexamen weg. Damit entfällt auch der Grund für eine ausgedehnte Selbstlernphase außerhalb des Krankenhauses, also den Studientag, weg. Zur Vorbereitung auf das 3. Staatsexamen haben die PJ-Studierenden ja nach dem Ende des PJs noch 2 Monate Lernzeit zur Verfügung.
Eines muss ich aber auch noch erwähnen: Bereits ab dem letzten Jahr wurde die Anzahl der möglichen Fehltage von 20 auf 30 erhöht. Rechnet man die Anzahl der Studientage und die maximale Fehlzeit zusammen, ergibt sich mit 48 und 30 Tagen eine Fehlzeit von 78 Arbeitstagen; dies entspräche etwa 16 Wochen, also 4 Monaten oder einem ganzen Tertial!
Wenn Studierende quasi jeden dritten Tag dem Arbeitsplatz/Ausbildungsort fernbleiben, ist eine praktische Ausbildung aus meiner Sicht qualitativ nicht mehr machbar. Eine Vergütung kann man dann sowieso nicht begründen und das hat die Politik auch nicht mit der Neufassung der Approbationsordnung gewollt.“


PJ-Vergütung

Studiendekan Prof. Dr. mult. Sader: „Nach dem Wegfall des Hammerexamens ist der Studientag aus meiner Sicht nicht mehr berechtigt, dann würde das PJ die normale wöchentliche Regelarbeitszeit umfassen. Damit haben wir dann auch eine andere Situation und eine Vergütung wäre, nach meiner persönlichen Meinung und der Meinung des Dekanats, möglich.

Aber: Der Gesetzgeber hat eine PJ-Vergütung ermöglicht, aber nicht vorgeschrieben. Und: Die Bezahlung erfolgt durch die Krankenhäuser und nicht durch den Fachbereich. Das Dekanat hat gegenüber den Krankenhäusern nur eine beratende Funktion. Wenn ein Krankenhaus oder Universitätsklinikum also keine Vergütung zahlen möchte, dann darf es das und muss dafür mit der Konsequenz leben, dass dann eventuell keine PJ-Studierenden mehr dorthin kommen.
Mit dem Auslands-PJ ist es ja dasselbe: Auch hier kann der Studierende wählen, ob er an ein Krankenhaus ohne Bezahlung aber mit gutem Umfeld geht, oder an ein Krankenhaus, das eine gute Bezahlung anbietet.“

„Das Dekanat möchte für unseren Fachbereich zu einer einheitlichen Regelung kommen, d. h., eine einheitliche PJ-Aufwandsentschädigung für alle Frankfurter PJ-ler. Ich fände es schlimm, wenn PJ-ler sich ihren Ausbildungsort nach der Höhe der Bezahlung und nicht nach der Qualität der angebotenen Ausbildung aussuchen würden.
Darum haben wir frühzeitig versucht, eine gemeinsame Lösung anzustreben: Das Studiendekanat hat vor über 6 Monaten eine Anfrage an das Universitätsklinikum gestellt und wegen der PJ-Vergütung angefragt. Als keine Antwort kam, haben wir nochmals nachgefragt. Eine offizielle Entscheidung wurde immer noch nicht getroffen, aber im Moment scheint es, dass das Universitätsklinikum zurzeit gar keine Vergütung bezahlen möchte. Ich bin darüber als Studiendekan entsetzt.
Die Akademischen Lehrkrankenhäuser stehen einer Bezahlung positiv gegenüber. Allerdings unter der Maßgabe, dass die Studierenden sich dann auch an regelmäßige Arbeitszeiten halten und nicht mehr als die 30 Tage im Jahr fehlen. Auch haftungsrechtliche Aspekte scheinen da eine Rolle zu spielen. Für Studientage würde aber sicher nicht bezahlt.
Deshalb wurde in einer Sitzung mit allen beteiligten Lehrkrankenhäusern unter dem Vorsitz des Dekans diese Situation besprochen. Hier kam man einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass der Studientag in diesem Jahr noch beibehalten werden sollte, es aber keine PJ-Vergütung gibt. Nach 6 Monaten wolle man sich für eine weitere Besprechung treffen und dann nochmals diskutieren, wie das PJ-Prozedere nach dem Wegfall des Hammerexamens aussehen soll. Eine weitere Diskussion ist nötig.“ Die Studierendenvertreter haben dieser Übergangsregelung zugestimmt (s. u.).“


Studientag versus Vergütung

Studiendekan Prof. Dr. Dr. Sader: „Die Diskussion „Studientag versus Vergütung“ betrifft übrigens ausschließlich die Kohorte, die dieses Jahr mit dem PJ beginnt.
Dazu gab es eine Diskussion in einer öffentlichen Sitzung des Studienausschusses und auch des Fachbereichsrates, an der auch Studierendenvertreter beteiligt waren. Die Studierenden meinten, dass sie lieber den Studientag behalten und auf die Vergütung verzichten würden. Das Dekanat hat den Vorschlag akzeptiert und wird so lange noch auf die Kontrolle der Selbstlernzeit verzichten (s. u.). Die Selbstlernzeit muss also in diesem Jahr noch nicht zwangsweise am jeweiligen Klinikum verbracht werden.“.
Wie hoch wäre die PJ-Vergütung?

Studiendekan Prof. Dr. Dr. Sader: „Bisher gibt es keine vergleichbaren Daten für alle Bundesländer oder Fakultäten. Der Gesetzgeber hat nur eine Obergrenze festgelegt: Eine Aufwandsentschädigung im PJ darf den Bedarf nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 nicht überschreiten.
Das bedeutet, dass die Vergütung maximal 597 € betragen darf, sie kann aber auch 0,- € betragen. Nach meinem bisherigen Eindruck wird die Vergütung sehr heterogen gehandhabt. Meine letzten Informationen aus dem März sind, dass die Charité in Berlin gar nichts bezahlen will, an der anderen hessischen Universität in Gießen soll 300,00 € monatlich bezahlt werden. Es ist bekannt, dass private Krankenhausträger, wie die Helios-Kliniken den vollen Satz zahlen wollen. Aber erst in den nächsten Monaten werden dazu für alle Krankenhäuser und Fakultäten offizielle Zahlen bekannt werden. Ich bin da sehr gespannt, wie sich die einzelnen Häuser jetzt wirklich entschieden haben“
PJ-Vertrag

Studiendekan Prof. Dr. Dr. Sader: „Bisher gab es keine Verträge für PJ-ler.
Dies wird sich jetzt zwangsläufig ändern.
In den Verträgen müssen jetzt Vergütung, Arbeitszeit, aber auch haftungsrechtliche Aspekte geregelt werden.
Denn die neue ÄAppO zieht auch eine Änderung der Haftung für PJ-Studierende vor: Bisher hat der Fachbereich Medizin über die Berufshaftung für alle PJ-ler gehaftet, da diese ja nur am Universitätsklinikum oder den eigenen akademischen Lehrkrankenhäusern ausgebildet werden durften. Auch deswegen musste der Fachbereich Verträge mit den akademischen Lehrkrankenhäusern abschliessen. Ab sofort (ab 01.04.2013) läuft, wegen der Mobilitätsregelung und der Möglichkeit, an jedem Lehrkrankenhaus in Deutschland das PJ absolvieren zu können, die Haftung über die Krankenhäuser bzw. deren Haftpflichtversicherer. Und das muss vertraglich geregelt werden und stellt auch gar kein Problem dar, wie bereits alle Lehrkrankenhäuser versichert haben. Es muss nur vertraglich geregelt sein.“

PJ-Beauftragte

Studiendekan Prof. Dr. Dr. Sader: „Es gibt für jeden Lehrstuhl und für jedes akademische Lehrkrankenhaus künftig einen offiziellen PJ-Beauftragten, der für die Evaluation und die Einhaltung der Qualität der logbuchbasierten Ausbildung zuständig ist. Das Dekanat hat mit allen Lehrkrankenhäusern neue Verträge abgeschlossen, in denen z. B. diese PJ-Beauftragten genannt sind.“
PJ-Logbücher

Studiendekan Prof. Dr. Dr. Sader: „Ab sofort gibt es für alle Kliniken und Abteilungen PJ-Logbücher. Für die Erstellung hatten wir nur sehr wenig Zeit, da das Dekanat und die Lehrstühle erst nach der Sommerferienzeit im letzten Jahr mit der Entwicklung anfangen konnten. Deswegen sehen wir die aktuellen PJ-Logbücher nur als erste Version, die im Laufe des Jahres noch – den realen Anforderungen entsprechend – weiterentwickelt werden müssen. Hierbei sind wir auch über entsprechende Kommentare der Studierenden sehr dankbar“.
Bisher gab es nur sehr vereinzelt PJ-Logbücher. Einer der Vorreiter ist z. B. Herr Dr. Adili,  Gefäßchirurg am Lehrkrankenhaus Darmstadt. Lesen Sie dazu auch das „PULS.“-Interview: „Medizinstudium: Einführung eines PJ-Logbuchs

„PULS.“ dankt Herrn Prof. Dr. Dr. Sader für das ausführliche Interview.

Robert Sader, Bettina Wurche

 

 

 

 

 

1 Kommentar

  1. Sehr geehrter Herr Prof. Sader,

    Ich möchte Ihnen schreiben aufgrund Ihres Kommentares bezüglich der aktuellen PJ-Thematik im “Puls” und zur generellen Richtigstellung des diesbezüglichen studentischen Standpunktes.

    1.) “Die Studierenden meinten, dass sie lieber den Studientag behalten und auf die Vergütung verzichten würden. Das Dekanat hat den Vorschlag akzeptiert”
    Diese Entscheidung trafen wir nur und explizit im Rahmen der “Entweder-Oder-Fragestellung” unseres Dekans. Wir sind generell für den dauerhaften Erhalt der reservierten Selbstlernzeit während des PJes und gleichzeitig für die PJ-Vergütung, die übrigends keineswegs eine “Bezahlung” darstellt sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung. Außerdem war der Eintausch der Vergütung gegen den Studientag nie unser Vorschlag.

    2.) “Bei dieser Sitzung, die öffentlich war, waren neben den gewählten Fachschaftsvertretern zusätzlich auch Vertreter der PJ-Studierenden anwesend. Die gefundene Lösung wurde auch mit ihnen einvernehmlich diskutiert und abgestimmt”
    Es wurde während der Fachbereichsratssitzung nicht zu dem Thema abgestimmt. Wäre zu diesem Zeitpunkt abgestimmt worden, hätten wir vermutlich dagegen gestimmt, doch es war weder genügend Zeit um weiter zu diskutieren (da Sie zu dem Treffen mit den Lehrkrankenhäusern los mussten), noch schien der Dekan den Eindruck zu machen, sich weiter in unsere Richtung begeben zu wollen. Somit finde ich die Verwendung des Wortes “einvernehmlich” in diesem Zusammenhang unangebracht.

    An diesem Punkt möchte ich gerne anmerken, dass wir Studierendenvertreter uns eine Einladung zu dem Treffen mit den Lehrkrankenhäusern gewünscht hätten, da es sich ja schließlich auch um die zukünftigen Verträge zwischen den Studierenden und den Lehrkrankenhäusern handelt.
    Über die Möglichkeit der Beteiligung unsererseits bei den weiteren Verhandlungen mit den Lehrkrankenhäusern wären wir sehr dankbar.

    Abschließend möchte ich Ihnen den studentischen Standpunkt zur PJ-Thematik, der wörtlich so im FBR-Protokoll zu finden ist, anfügen:
    “Die Studierenden sehen die Themen ´Studientage` und `PJ-Bezahlung` als zwei voneinander unabhängig zu betrachtende Punkte an.
    Bei der vom Dekanat gestellten Entscheidungsfrage “PJ-Vergütung ODER Studientag” entscheiden sich die Studierendenvertreter in Hinblick auf das für die nächsten beiden Jahrgänge anstehende schriftliche Staatsexamen nach dem PJ für den Studientag. Dies heißt keineswegs, dass wir, die Studierendenvertreter nicht beides für sinnvoll hielten oder etwa die Orientierung gegen die Vergütung im PJ. Im Gegenteil:

    Der `Studientag`als solcher ist zur Vor- und Nachbereitung der im PJ gesehenen und erlebten medizinischen Fälle, Sachverhalte und Verfahren ein für die Studierenden obligater Bestandteil des PJs, der erheblich zur Qualität und Quantität des im PJ Erlernten beiträgt.
    Eine Änderung in der Lehrqualität auf den Stationen / im OP ist leider so schnell nicht zu erwarten, doch umso wichtiger ist die Möglichkeit für die Studierenden, das im Krankenhaus Observierte nacharbeiten zu können; umso wichtiger ist der `Studientag`. Ob diese für das Selbststudium reservierte Zeit am Krankenhaus zu verbringen ist oder nicht ist hierbei irrelevant.

    Da die `Lehre` auf den Stationen während des PJs äußerst variabel und stationsabhängig ausfällt und der Hauptschwerpunkt des PJs nicht in der Ausbildung des Medizinstudierenden, sondern im Einbinden der PJler in den Krankenhausbetrieb und die (Aus)Nutzung der zusätzlichen und bisher kostenlosen Manpower (im OP zum Hakenhalten und auf Station zum Blutabnehmen) zu liegen scheint, ist die Zahlung einer Ausfwandsentschädigung nur die logische Konsequenz und auch bei vier oder viereinhalb Tagen pro Woche gerechtfertigt.”

    Ich hoffe, Sie können unsere Argumente verstehen.