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Forschung: „Neues aus dem Reich der Mitte: Der Darm“

Darm

Darm

Eine Dokumentation über ein riesengroßes Organ mitten in unserem Körper, das lange Zeit unterschätzt wurde: Den Darm.

Der menschliche Darm ist mehr als 8 Meter lang, hat eine Oberfläche von mehr als 400 m² und ist der Lebensraum einer spannenden Mikrofauna. Bis zu 1000 verschiedene Bakterien siedeln sich hier an. Ihre Anzahl wird auf über 100 Billionen (1014) geschätzt, d. h., dass ein erwachsener Mensch mehr Darm-Mikroorganismen mit sich herumträgt als Zellen. Mittlerweile ist bekannt, dass der Darm in engem Kontext mit dem Immunsystem, dem Körpergewicht und der Psyche steht.

Mehrere Arbeitsgruppen stellen ihre Forschungsansätze und erste Ergebnisse vor.
Der Darm als Gehirn, ein Bakterienspürhund und die Stuhl-Transplantation.

Ist der Darm ein „Bauchgehirn“?

Um den Darm herum ist ein dichtes Geflecht von über 100 Millionen Nervenzellen angeordnet: das enterische Nervensystem.
Ist der Darm ein drittes Gehirn im Bauch?
In Irland arbeitet die Arbeitsgruppe um den Neurowissenschaftler Dr. John Cryan (University College Cork) an der Frage, wie der Darm das Gehirn beeinflusst. Und welchen Einfluss „schlechte“ Bakterien auf die kognitive Entwicklung von Kindern und ihr Sozialverhalten haben.  Bei Erwachsenen bestehen signifikante Zusammenhänge zwischen Darmerkrankungen und Hirnarealen wie dem Hippocampus und vielen Krankheiten.

Drei verschiedene Darm-Ökosysteme (Enterotypen)– weltweit!

Die Heidelberger Arbeitsgruppe um den Biochemiker Peer Bork (Europäisches Molekularbiologisches Laboratorium) beschäftigt sich mit der spezifischen Zusammensetzung des Bioms, und welche Auswirkungen die einzelnen Bakterienstämme auf unser Gewicht, die  Psyche und das Immunsystem haben.
In den Tiefen der menschlichen Eingeweide entdeckten sie eine Überraschung:
“Wir hatten Probanden aus verschiedenen Ländern und wollten mal sehen, wie die Darmflora sich unterscheidet und dachten, dass die Japaner durch ihr Fischessen anders als die französischen Weintrinker ihre Mikrobiota gestalten. Aber da kamen drei Typen zum Vorschein – unabhängig von der Herkunft, unabhängig vom Alter, unabhängig vom Body Mass Index.” erklärt Dr. Peer Bork.
Neben dem grundsätzlichen „Typus“ ist die Bakterien-„Wohngemeinschaft“, je nach Alter und Body Mass Index, nochmals individuell. Spezifische Krankheiten wir Morbus Crohn und Colitis ulcerosa haben ebenfalls eine spezifische Zusammensetzung von Mirkorganismen.

Beagle als Bakterienspürhund

Niederländische Forscher setzen auf einen Bakterien-Spürhund:
Der eifrige Beagle Cliff kann Clostridium difficile erschnuppern. Diese Bakteriengruppe ist potentiell verdächtig, mit einer ganzen Reihe von Krankheiten zusammenzuhängen. Clostridien konnten bisher nur in aufwändigen Tests durch das Anlegen von Kulturen angewiesen werden. Der Beagle ist mit seiner Spürnase aber schneller – und kostengünstiger – als das Wachstum einer Bakterienkultur.
Sind die Clostridien sicher nachgewiesen, können die Patienten gezielt behandelt werden.

Heilungserfolg durch Stuhl-Transplantation

Eine neuartige Therapie ist die Stuhl-Transplantation:
Eine Stuhlprobe aus einem gesunden Darm mit einem „guten“ Biom wird den Patienten per Endoskopie  in den Darm „implantiert“. In ihrem neuen Biotop siedeln sich die Bakterienstämme  an und gedeihen, dabei verändern sie das Biom zum Wohle des Patienten.
Dr. Johann Ockenga, Gastroenterologe des Klinikums Links der Weser, meint dazu:
“Die Heilungschancen mit der Stuhltransplantation sind sehr hoch. Bis zu neunzig oder mehr Prozent der Patienten die im Vorfeld durch Antibiotika nicht behandelt oder nicht geheilt werden konnten sprechen auf eine Stuhltransplantation an. Und nur ein geringer Teil von denen braucht manchmal noch eine zweite Transplantation, um einen langfristigen Heilungserfolg zu sichern.”

Eine weitere gute Nachricht: hat der Gastroenterologe Dr. Horst Hohn:
Statt der unangenehmen Darmspiegelung gibt es heute die Mini-Kamera in Kapselform – die PillCam. Die PillCam ist so groß wie eine Fischölkapsel und wird geschluckt. Dann passiert sie den Darm durch seine peristaltischen Bewegungen und schießt dabei sie jede Menge Bilder. Die anschließend  ausgewertet werden können.
Das kleine Gerät ist noch nicht ganz ausgereift, aber die Entwicklung ist vielversprechend.

Die gut gemachte einstündige Darm-Doku finden Sie in der 3sat-Mediathek.
Angucken lohnt sich!

Lesen Sie zum Thema “Darm” auch den unübertrefflichen Science-Slam-Beitrag „Darm mit Charme“ von Giulia Enders und das herrliche Interview mit ihr über ihr gastroenterologisches Lieblingsthema.

2 Kommentare

  1. Iris Möller aus Hamm/Westfalen

    18/02/2014 @ 20:19

    Sehr geehrter Herr Dr. Ockenga,

    ich habe die Sendung am 13. Februar 2014 im Fernsehen gesehen. Diese gibt mir wieder Hoffnung, dass meine Leiden gelindert oder vielleicht geheilt werden könnte.
    Bitte geben Sie mir die Anschrift der Klinik. Übernimmt die Krankenkasse die Kosten? Wenn nicht, was kostest die Transplantation?
    Herzliche Grüße/ Iris Möller/bitte antworten Sie mir schnell.Danke!

    • Bettina Wurche

      19/02/2014 @ 14:28

      Sehr geehrte Frau Möller,
      vielen Dank für Ihren positiven Kommentar. iCh möchte sie allerdings darauf hinweisen, dass Sie den Kommentar bei “puls.”, einem Online-Magazin für Frankfurter Medizinstudierende gepostet haben und Herr Dr. Ockenga diese Lob an dieser Stelle nicht mitbekommen wird.
      Eine mail an die 3sat-Redaktion oder direkt an Herrn Dr. Ockenga im Klinikum Links der Weser würde sicherlich eher ankommen.
      Mit freundlichem Gruß,
      Bettina Wurche (“puls.”-Redakteurin)