Die Reaktorkatastrophe in Fukushima hat weltweites Entsetzen hervorgerufen.
Wieder einmal, wie schon 1986 in Tschernobyl, ist das Katastrophenpotential der friedlichen Kernenergienutzung vorgeführt worden.
Wie konnte es dazu kommen?
Gibt es nicht zumindest in den großen Industriestaaten eine zuverlässige Überwachung von Atomkraftwerken?
Leider gibt es mittlerweile erhebliche Zweifel, ob die nationalen und internationalen Kontrollinstanzen tatsächlich so unabhängig sind, wie gern behauptet wird.
Sonntagsgespräch mit Dr. Hontschik
Dr. Bernd Hontschik schreibt regelmäßig für die FR seine kritische Kolumne zu Gesundheitssthemen. Aufgrund seines der WHO gegenüber sehr kritischen Beitrags „Sakrosankt“ vom 22.04.2011 ist er vom HR im Sonntagsgespräch zum Interview eingeladen worden.
Das Interview vom 01.05.2011 können Sie hier als abrufen.
Zur Haltung der WHO, die in Abstimmung mit der IAEO beide Atom-Unfälle bagatellisiert hat und dazu weitgehend schweigt gibt es auch eine lesenswerte Diskussion im Blog des Ärzteblatts:
1986: GAU in Tschernobyl
Störungsanfälliger Reaktortyp, schlampige Wartung und als Todesstoß ein schwerer Bedienungsfehler – am 26. April 1986 kam es im Kernkraftwerks Tschernobyl zur gefürchteten Kernschmelze. Die Behörden und der Kraftwerksbetreiber überzeugten vor allem durch hochkarätigen Dilettantismus.
Der GAU von Tschernobyl hat bisher unzählige Todesopfer gefordert. Die Soldaten, Arbeiter und Wissenschaftler, die direkt im Unglücksreaktor arbeiten mussten, hat es zuerst getroffen. Aber auch die Menschen der umliegenden Landstriche, die immer noch dort wohnen, sind von den gesundheitlichen Folgen der Verstrahlung gezeichnet und werden noch auf Generationen daran leiden.
Ein Beitrag der Ärztezeitung gibt einen erschreckenden Rückblick auf „Die Arbeit der Todgeweihten“.
2011: GAU in Fukushima
Im technisch weitaus besser ausgerüsteten Japan sollte nach einem GAU doch eigentlich alles besser laufen…
Zur großen Überraschung für den Rest der Welt stellte sich der Betreiber des havarierten AKWs in Fukushima ähnlich erschreckend dilettantisch an wie die Tschernobyl-Betreiber. Arbeiter ohne Strahlenschutzanzüge und -ausrüstung, keine ausreichende Nahrung, katastrophale Unterkünfte… sie wären in einem Camping-Bus besser aufgehoben gewesen. TEPCO hat offenbar ungelernte und auch nicht informierte Arbeiter eingesetzt. Und sie sind genauso als Todgeweihte in das radioaktive Inferno geschickt worden wie ihre Kollegen in Tschernobyl.
Auch die Informationspolitik von TEPCO erinnerte an sowjetische Maßstäbe. TEPCO hat genauso gezielt verharmlost und nicht informiert.
Zwischen 1986 und 2011 hat sich offenbar nichst geändert.
Läuft die Atomaufsicht in anderen Ländern besser?
Die unzähligen Zwischenfälle in Biblis, Krümmel und anderen deutscher Reaktoren die verkrampfte Diskussion um Laufzeitverlängerung sind hinreichend bekannt und in der Tagespresse ausführlich behandelt worden.
Der Beitrag „Atomfilz entwirren- und zwar sofort“ der NZZ (Neue Zürcher Zeitung) wirft ein düsteres Bild auf die Atomaufsicht der Schweiz.
Die Vorgänge im High-Tech-Paradies Japan im Umgang mit der Reaktorkatastrophe lassen auch für andere Staaten nichts Gutes befürchten.
Nichts ist vor Fehlern ganz sicher. Fehler passieren früher oder später.
Es besteht immer die latente Gefahr eines unkalkulierbaren Zwischenfalls: menschliches Versagen, Naturgewalten oder Terroranschlag.
Atomkraft ist nicht vollständig beherrschbar. Und die radioaktive Verstrahlung ganzer Landstriche und vieler Tausend Menschen sind ein zu hoher Preis.
Bettina Wurche