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Lehre: Problemorientiertes Lernen (POL) – „fast wie bei „Dr. House“

Problem-orientiertes Lernen (POL) ist ein klinisches Wahlpflichtfach: Es gibt Kurse in Kardiologie, Neurologie, Nephrologie, Gastroenterologie, Pädiatrie und Infektiologie.
Das Besondere daran ist: POL ist eine studentische Initiative, und wurde vor 10 Jahren als Ergänzung zu den Vorlesungen gegründet.
Hier geht es um das Lernen an konkreten Fallstudien: die Studierenden lernen, ihr bereits erworbenes Wissen auf Fallbeispiele in der anzuwenden. Ausgangspunkt für POL sind mehr oder weniger fiktive Krankengeschichten.
Die Kurse werden immer weiter ausgebaut, es kommen immer neue Fächer dazu.

Ein POL-Kurs besteht aus einem studentischen Tutor und fünf bis acht Studierenden.
Die Tutoren verstehen sich nicht als Dozenten, sondern vielmehr als Moderatoren und leiten die Studierenden zur selbstständigen und kollaborativen Arbeit an.In den ersten ein bis zwei Veranstaltungen stellen die Tutoren den Fall theoretisch vor:„Wir Tutoren geben Hintergrundinformationen und spielen selbst die Rolle der Patienten, die Studierenden müssen dann auch die Anamnese stellen. Dies ist eine wichtige Vorbereitung für die OSCEs und elementarer Bestandteil der späteren Aufgabe als Arzt.“ meint der POL-Tutor Thomas Brehm dazu.
Alle Fakten werden gesammelt.
Dann beschäftigen sich die Studierenden intensiv mit den Fakten und finden immer mehr Details heraus. „Ein POL-Kurs läuft etwa so ab, wie „Dr. House“, erklärt der POL-Tutor Jan-Hendrik Schäfer „da wird auch immer erst alles auf dem Whiteboard gesammelt und dann diskutiert und weitergedacht. wir haben allerdings weniger exotische Diagnosen.“ (Beide Tutoren schmunzeln.).
In diesem Abschnitt geht die Gruppe auch auf die verschiedenen Stationen des Klinikums und wird dabei von einem Arzt begleitet. Der Arzt stellt den KursteilnehmerInnen Patienten mit entsprechendem Krankheitsbild vor und unterstütz die Studierenden mit weiteren Informationen. „Wir sind den Ärzten sehr dankbar, dass sie sich abends dann noch die Zeit nehmen, die Studierenden in den POL-Kursen mitzubetreuen.“ sagt Jan-Hendrik Schäfer.

Die Teilnehmer kommen aus unterschiedlichen Semestern, wodurch sie einen unterschiedlichen Wissenstand haben. Die jüngeren Semester haben noch mehr Erinnerung an die Anatomie und Biochemie-Kurse, die älteren sind im klinischen Bereich schon erfahrener. Im Laufe des Kurses lernen sie dann, den Fall gemeinsam zu analysieren und ihr Wissen zusammenzutragen. Im Verlauf der Kurse gewinnen die Teilnehmer an Sicherheit, ihr erlerntes theoretisches Wissen auch anzuwenden. „”In Frankfurt wird sehr viel Wert auf die theoretische Ausbildung gelegt, aber das handlungsorientierte Lernen kommt zu kurz.”. Andere deutsche Fakultäten, vor allem die Reformstudiengänge, oder holländische Studiengänge sind da weiter.“ meinen die Tutoren übereinstimmend. „Dafür ist POL die richtige Ergänzung. Wir Tutoren unterstützen die Studierenden darin, allerdings eher als Moderatoren.“

Der Kurs läuft so ab, dass alle Informationen gesammelt werden und sich dann nach und nach die richtige Diagnose herauskristallisiert. „Unsere Diagnostik ist schon die realistische Vorbereitung auf die Klinik. Z. B., wenn wir ein Röntgenbild haben, ist der Befund des Radiologen realistisch formuliert. Etwa, wenn auf dem Röntgenbild eine Embolie zu sehen ist: Der Radiologie darf nicht die Diagnose „Pneumonie“ stellen, weil das in den Zuständigkeitsbereich des Internisten oder Pneumologen fällt.“ erklärt Thomas Brehm. „Stattdessen schreibt er etwas wie „Infiltrat, suspekt für Pneumonie“. Die Studierenden müssen lernen, diese klinischen Befunde zu lesen, es ist eine spezielle Sprache. Ich habe das gerade in meiner Radiologie-Famulatur gelernt.“ ergänzt Jan-Hendrik Schäfer.

Die Teilnehmer können die Kurse aktiv mitgestalten. „Kürzlich haben wir den Flughafenarzt besucht, der zum Thema Drogen und Infektiologie erzählen konnte. Wir greifen in POL immer echte Fälle auf, im letzten Jahr haben wir z. B im Kontext mit der EHEC-Epidemie HUS thematisiert.“.
Pro Kurs werden zwei bis drei Fälle bearbeitet.

Die Studierenden kommen zunächst oft in den Kurs, weil sie hier zwei Punkte für zwei Semesterwochenstunden anerkannt bekommen. Im Laufe des Kurses merken sie dann, wie hilfreich POL ist und machen später oft noch weitere POL-Kurse, obwohl sie die Punkte gar nicht mehr brauchen. Das Wahlpflichtfach POL ist also sehr erfolgreich und füllt offenbar eine Lücke in der Ausbildung der jungen MedizinerInnen. Thomas Brehm, Jan-Hendrik Schäfer und das POL-Team sind mit diesen sehr positiven Rückmeldungen jedenfalls sehr zufrieden.

„PULS.“dankt den POL-Tutoren Thomas Brehm und Jan-Hendrik Schäfer für das Gespräch!

Bettina Wurche

 

 

 

 

 

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