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Interview: Gäste aus Yonsei (Korea) in Frankfurt

Zurzeit sind sieben Studierende der Yonsei-Universität (Republik Korea) auf dem Frankfurter Medizin-Campus zu Gast. („PULS.“ hatte bereits darüber berichtet.)
Frau Min Ji Kim und Herr Keun You Kim kamen in der „PULS.“-Redaktion auf ein Interview und eine Tasse Kaffee vorbei. Das Interview fand auf Englisch statt, die Antworten sind sinngemäß übersetzt.

„PULS.“: „Guten Tag. Sie heißen beide mit Nachnamen Kim. Sind Sie verwandt oder verheiratet?“
MJK, KYK (beide lachen): „Nein, wir sind weder verwandt noch verheiratet, „Kim“ ist in Korea einfach ein sehr, sehr häufiger Name.“

„PULS.“: „Warum haben Sie sich für einen Studienaufenthalt in Deutschland entschieden? Und wie lange bleiben Sie hier?“
MJK: „Das Yonsei University College of Medicine (YUCM) bietet für Studierende nach dem Grundstudium spezielle Wahlkurse an. Zu den Kursen gehört auch die Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts in Übersee, um den Horizont zu erweitern. Ich wollte ein anderes Medizinsystem in Übersee als das der USA kennenlernen. Da ich schon drei Jahre Deutsch in der Schule hatte, war es für mich naheliegend, hierher zu kommen.“
(Frau Min Ji Kim und Herr Keun You Kim hatten einen Flyer des YUCM für diese speziellen Kurse („Specialized Elective Courses“) dabei. „PULS.“ hat den Flyer an das Büro für Internationale Angelegenheiten am Fachbereich Medizin weitergegeben. – Die Red.)

„PULS.“: „Wie sieht Ihr Studienalltag hier aus? Bearbeiten Sie z. B. ein eigenes kleines Projekt?“

KYK: „Wir bearbeiten keine gesonderten Projekte, sondern lernen einfach den Klinikalltag kennen, um Erfahrungen zu sammeln. Unsere Professoren hier in Frankfurt wählen für uns Patienten aus, mit denen wir Englisch sprechen können. Wir bleiben nur für einige Wochen hier.“MJK: „Ich möchte auch vor allem Erfahrungen sammeln. Neben der Arbeit mit den Patienten besuche ich eine englischsprachige Biochemie-Vorlesung, auf die mich mein Professor aufmerksam gemacht hat. Meine Deutsch-Kenntnisse reichen leider nicht, um den deutschen Vorlesungen folgen zu können. Aber diese Biochemie-Vorlesung in englischer Sprache finde ich wirklich gut.“

„PULS.“: „Was fällt Ihnen bei Ihrem Aufenthalt hier in Frankfurt besonders auf?“
MJK: „Die legere Kleidung der Ärzte wäre in Korea nicht denkbar. Dort läuft im Krankenhaus kein Arzt in Blue Jeans und Sneakers umher.“
KYK: „Das Tragen von Anzug und Krawatte gelten in Korea als Respekt gegenüber dem Patienten. Man kann nicht einfach darauf verzichten.“

„PULS.“: „Wie ist das koreanische Medizin-Studium aufgebaut?“
MJK, KYK: „Wir beginnen nach der Oberschule mit dem Studium. Das Medizin-Studium dauert 6 Jahre: 2 Jahre Grundstudium und  4 Jahre Hauptstudium. Der Aufbau des Studiums ist je nach Universität etwas unterschiedlich. In Yonsei lernt man im Grundstudium die naturwissenschaftlichen Grundlagen wie Biochemie, Mikrobiologie, Biologie… Anatomie-Unterricht gibt es erst im Hauptstudium. An anderen Universitäten kommt Anatomie auch schon im Grundstudium.
Wir haben Vorlesungen und praktische Übungen wie in Deutschland, natürlich wird auch bei uns an Puppen geübt. Die Yonsei-Universität hat die älteste medizinische Fakultät  für „Western Medicine“ in Korea. Das Yonsei University College of Medicine (YUCM) wurde 1885 gegründet und hat die Entwicklung moderner Medizin in Korea maßgeblich begründet und vorangetrieben.
Die „Western Medicine“ entspricht den modernen medizinischen Methoden wie in Deutschland. Parallel dazu gibt es noch die „Oriental Medicine“. Sowohl „Western Medicine“ als „Oriental Medicine“ sind Universitäts-Studiengänge, beide dauern 6 Jahre! Man muss sich für einen davon entscheiden, sie können nicht gemischt werden.“

„PULS.“: „Was genau ist „Oriental Medicine“?“
KYK: „Zur „Oriental Medicine“ gehören traditionelle und alternative Heilmethoden wie Kräuterheilkunde und Akupunktur. Die Methoden der „Oriental Medicine“ sind nicht nur traditionell koreanisch, sondern kommen auch aus China oder anderen Ländern. Vor allem der Einsatz traditioneller Heilkräuter ist in Korea von großer Bedeutung und wird von sehr vielen Patienten in Anspruch genommen.“

„PULS.“: “Wie ist das koreanische Gesundheitssystem aufgebaut?“
MJK, KYK: „Das Koreanische Gesundheitssystem besteht aus einer kostengünstigen Pflichtversicherung für alle Menschen, die medizinische Behandlung ist dann kostenlos. Grundsätzlich können sich die Patienten für eine  Behandlung mit „Western Medicine“ oder „Oriental Medicine“ entscheiden.
Beide Medizin-Richtungen müssen bei den praktizierenden Ärzten strikt getrennt werden: Entweder ist man Arzt für „Western Medicine“ oder für „Oriental Medicine“, die Vermischung von beiden ist in Korea illegal.“

„PULS.“: „Der Studentenaustausch zwischen Frankfurt und Yonsei wird gerade erst aufgebaut. Gibt es auf dem Yonsei-Medizin-Campus viele ausländische Studierende? Und aus welchen Ländern?“

MJK, KYK: „Ja, schon einige. Die Studenten kommen vor allem aus den USA und Kanada und natürlich viele aus Südostasien, z. B. Thailand. Sie bleiben meist für 6 Monate.“

„PULS.“: „Wie sieht das studentische Leben auf dem Yonsei-Medizin-Campus aus? Gibt es dort auch ein eigenes Haus für die Studierenden wie unser KOMM?“
KYK: „Ich habe in der letzten Woche eine Veranstaltung im KOMM besucht, das hat mir sehr gefallen. So etwas gibt es bei uns nicht.“
MJK: „Wir haben in Yonsei keine eigenen Räume für die Studierenden, sondern nutzen für die Treffen der „Clubs“ und „Circles“ Räumlichkeiten der Universität. In denen auch andere Veranstaltungen stattfinden.“

„PULS.“ bedankt sich bei Frau Min Ji Kim und Herrn Keun You Kim für das freundliche Interview und wünscht ihnen noch einen erfolgreichen Aufenthalt in Frankfurt.

Lesen Sie dazu auch das „PULS.“-Kurz-Interview mit den wichtigsten Unterschieden zwischen dem deutschen und koreanischen Medizin-Studium:

„Medizinstudium: Studierende aus Yonsei (Republik Korea) in Frankfurt“

Das Yonsei University College of Medicine hat eine ausgezeichnete englischsprachige Homepage mit einem langen Abschnitt über die YUCM-Geschichte.

Bettina Wurche

2 Kommentare

  1. Pingback: Klinik: Studieren im Ausland « PULS.

  2. Benjamin K.

    04/03/2011 @ 10:20

    Hallo,
    Ich finde “aus Yonsei (Republik Korea)” etwas irreführend, da Yonsei lediglich der Universitätsname ist und wenn man nachschaut wo die Universität genau sich befindet so findet man heraus, dass sie in Seoul liegt also der Hauptstadt von Süd Korea.
    Man würde ja auch nicht sagen “die Studenten aus J.W.Goethe (Deutschland)” =)