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Campus-Leben: Auschwitz-Ausstellung auf dem Campus Westend

Der Campus Westend ist heute ein modernes Universitäts-Areal mit einer außergewöhnlichen Architektur in ansprechender Parklandschaft. Studierende unterschiedlichster Herkunft studieren hier Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, Evangelische und Katholische Theologie, Philosophie und Geschichtswissenschaften, Teile der Sprach- und Kulturwissenschaften und Neuere Philologien.
Hinter der schönen hellen Kalkstein-Fassade verbirgt sich eine dunkle Vergangenheit…
Der Campus Westend befindet sich nämlich im IG Farben-Haus, der ehemaligen Konzernzentrale des ehemals größten Chemiekonzerns der Welt. Die IG Farben AG arbeitete eng mit den Nationalsozialisten zusammen, die Produktion kriegswichtiger Stoffe wie dem synthetischen Kautschuk Buna und Treibstoffen sowie dem Giftgas Zyklon B wurde im Wesentlichen von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen geleistet: „Das Konzentrationslager der IG Farbenindustrie AG in Auschwitz ist bis heute ein Symbol für die Kooperation zwischen Wirtschaft und Politik im Nationalsozialismus bis hinein in die Vernichtungslager.“ (Fritz Bauer Institut: Ausstellung IG Farben).

Studierende der Frankfurter Goethe Universität haben jetzt eine Ausstellung zum Auschwitz-Lager Monowitz erstellt:
Tobias Schmitz, Lisa Gehrlein, Marie Schulz-Triebe und Nikolas Lelle wollen mit ihrer Ausstellung einen Beitrag zur Aufklärung anderer Studierender über den Campus Westend und das Lager leisten. Auf einer Studienfahrt zum Auschwitz-Lager Monowitz im letzten Herbst haben sie und weitere TeilnehmerInnen vor Ort mit Überlebenden gesprochen und ihre Fahrt in Texten und Bildern dokumentiert
Die gesammelten Informationen stellen sie vom 27.01.2012, dem offiziellen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus, bis zum 03.02.2012 im Campus Westend aus („Goethe-Universität: Schrecken von Auschwitz“, FR, 27.01.2012).

Das IG Farben-Haus war damals der Hauptsitz der I.G. Farbenindustrie AG, des zu der Zeit größten Chemieunternehmens der Welt:
„Während des 2. Weltkriegs machte die IG Riesengewinne. Neben der Buna- […] und Treibstoffproduktion wurde auch das Giftgas Cyclon B hergestellt, mit dem in den Vernichtungslagern mehrere Millionen Juden vergast wurden. Außerdem wurden medizinische Präparate der IG an Häftlingen von Konzentrationslagern “getestet”.
In den Betrieben der IG arbeiteten 350.000 Zwangsarbeiter, von denen viele durch die schweren Arbeitsbedingungen und mangelnde Verpflegung umkamen.
1941 beschloss die IG Farben ein Werk für die Produktion von Buna und Treibstoff in der Nähe der polnischen Stadt Oswiecim (Auschwitz) zu errichten […]. Zum Aufbau der Fabrik wurden Häftlinge des KZ Auschwitz I (Stammlager) eingesetzt. Die SS übernahm die Bewachung der Baustelle, die in den Sicherheitsbereich um das Lager Auschwitz eingegliedert wurde.“ (Schulprojekt mit Projektfahrt nach Krakau und Auschwitz 1999).

Das IG Farbenhaus als ehemalige Konzernzentrale ist also sehr eng verknüpft mit dem schwärzesten Kapitel der deutschen Geschichte.

Die Geschichte des Campus Westend im kurzen Überblick:
1928 – 1931:              Bau des I.G.-Farben-Haus – ein repräsentatives Bürogebäude für die Zentralverwaltung der I.G. Farbenindustrie AG (Entwurf des Architekten Hans Poelzig)
März 1945 – 1996:     Einzug der US-amerikanischen Militärverwaltung
1975:                             Umbenennung von „Farben-Building“ in General Creighton W. Abrams Building
2001:                             Einzug (eines Teils der) der Goethe-Universität
Juni 2009:                  Umbenennung in Poelzig-Bau

Der SPON-Beitrag „Architektur: Geruch von Schuld“ vom 18.12.1995 gibt einen sehr guten Überblick über die NS-belastete Geschichte des Poelzig-Baus.

Wissenswertes zum Poelzig-Bau/Campus Westend:
Paternoster-Warnhinweis für BesucherInnen:
Bitte bedenken Sie, dass es im Campus Westend eine frühe Vorform des heute weit verbreiteten Aufzugs gibt: den Paternoster. Über Jahrzehnte hinweg durfte man in zahlreichen Gebäuden in ganz Deutschland Paternoster einfach so benutzen. Seit dem denkwürdigen „Paternoster-Unfall“ im IG Farben-Haus gibt es dafür strikte Regeln:
Seitdem darf der Aufzug nur mit einem Paternoster-Führerschein genutzt werden.

Anmerkung für naturwissenschaftlich Interessierte:
Das gesamt Gebäude ist mit hellem Kalkstein (Travertin) verkleidet, dadurch wirkt es trotz der monumentalen Bauweise hell und freundlich.
Travertin ist ein Süßwasserkalk und meistens hell gelblich bis braun gefärbt. Er entsteht in kalten oder warmen Süßwasserquellen, die Calcium- und Hydrogencarbonat-Ionen sowie Kohlenstoffdioxid enthalten. Der ausgefällte Quellkalk besteht fast ausschließlich aus Calciumcarbonat.

Afrikaforschung im Campus Westend: das Frobenius-Institut
Das Frobenius-Institut ist das älteste ethnologische Forschungsinstitut Deutschlands, es trägt den Namen des berühmten Afrika-Forschers Leo Frobenius. Frobenius hat seine zahlreichen Expeditionen photographisch ausgezeichnet dokumentiert, daher gehört eine sehr umfangreiche Bildsammlung zum Institut.
„Aufgaben des Frobenius-Institutes sind ethnologische, historische und prähistorische Forschungen, die seit der Gründung auf Afrika konzentriert wurden, daneben aber auch Süd- und Südostasien, Australien, Süd- und Nordamerika sowie Ozeanien umfassten. In jüngerer Zeit konzentrieren sich die Forschungen auf kulturelle Aneignungsprozesse im Rahmen der Globalisierung.“
Unter Facebook kann man die neuesten Publikationen und Entwicklungen des Frobenius-Instituts mit verfolgen:

http://www.facebook.com/pages/Frobenius-Institut/273497886004153

Und das Frobenius-Institut ist nur eines von mehreren kleinen, exotisch anmutenden Instituten auf dem großen Campus Westend…

Bettina Wurche

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